Krieg im Libanon – Ein weiteres Massaker an der ArbeiterInnenklasse

Am 1. Oktober marschierte die IDF in den Libanon mit dem vermessenen Ziel ein, einen Sicherheitsgürtel südlich des Litani-Flusses zu schaffen. Die libanesische Armee zog sich mit einigem Gegenfeuer von der „blauen Linie“ zurück, und bereits Stunden später startete der Iran Vergeltungsangriffe mit Raketen, von denen einige die verschiedenen israelischen Raketenabwehrsysteme durchschlugen. Für den Iran war die Ermordung von Hassan Nasrallah der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte nachdem zuvor schon Ismail Haniyeh in Teheran und viele andere IRGC-Generäle umgebracht worden waren. In den Wochen zuvor hatte der israelische Geheimdienst Mossad Kommunikationseinrichtungen sabotiert und Hisbollah-Kämpfer ermordet, um die Befehlskette der Hisbollah zu stören, wobei Hunderte von Zivilisten getötet und verletzt wurden. Die Zahl der libanesischen Todesopfer beläuft sich bereits auf über zweitausend Zivilisten, Israel hat währenddessen Dutzende von Soldaten verloren, obwohl die größte Katastrophe zweifellos die mehr als 1,2 Millionen Vertriebenen im Libanon sind. Das Ausmaß des sich entfaltenden Konflikts ist daher ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einem allgemeinen Krieg im Nahen Osten und darüber hinaus.

Der Krieg in der Ukraine hat die Weltlage verändert und die imperialistischen Spannungen drastisch verschärft und ist Ausdruck einer Entwicklung hin zu einem generalisierten imperialistischen Krieg. Libanon ist in dieser Entwicklung von besonderer Bedeutung.

Die Wurzeln dieses Konflikts reichen fast ein Jahrhundert zurück, auch wenn die systemische Ursache der Imperialismus als Zustandsphase des Kapitalismus bleibt. Nach politischen Konflikten im Libanon in den 70er Jahren marschierte Israel 1982 mit Unterstützung der USA ein, um palästinensische und pro-palästinensische Gruppen zu zerschlagen. Die IDF war nicht erfolgreich und erlitt schließlich eine Niederlage. Nachdem die IDF von der Offensive der Hisbollah in die Enge getrieben wurde und klar wurde, dass die Besatzung den Raketenbeschuss auf Israel nicht stoppen konnte, zogen sich die israelischen Truppen im Jahr 2000 zurück. Die aus dieser historischen Rolle resultierte Integration der Hisbollah in die allgemeine libanesische Politik, rächt sich nun inmitten wachsender politischer und wirtschaftlicher Krisen, wobei sich die Schuld auf die Hisbollah konzentriert. Die Wirtschaft ist genauso zerrüttet, wie das politische System des Libanon. Sektiererischen Parteien kreisen wie die Aasgeier über den ArbeiterInnen und den wenigen Resten des verbliebenen Kapitals. Weit davon entfernt eine Alternative für die ArbeiterInnenklasse zu sein, fordert die Hisbollah das Proletariat auf, für die bürgerliche Machtpolitik zu marschieren.

Seit dem Rückzug aus dem Libanon ist die Hisbollah neben dem Iran und der Hamas für Israel das größte Feindbild. Sie ist für die herrschende Klasse zu einem bequemen Instrument geworden, um ihre ArbeiterInnen weiterhin in eine Belagerungsmentalität zu zwingen. Das Schreckgespenst der Hisbollah kann immer wieder beschworen werden, um die ständig wiederkehrenden Krisen und ihre Symptome zeitweilig aus dem Bewußtsein zu verdrängen. Netanjahus exorbitante Korruption und die sich verschärfende Wohnungskrise sind zum Beispiel Schlüsselprobleme, die die Kapitalisten „lösen“ können, indem sie auf das gegnerische Schreckgespenst zeigen und die ArbeiterInnen an die Front zwingen, um wiederum andere ArbeiterInnen abzuschlachten. Auf diese Weise kann die herrschende Klasse ihre endlose Belagerung des Gazastreifens und die Tausenden von Toten, die sich in den Straßen auftürmen, weiterhin rechtfertigen. Die Probleme, die mit einem verallgemeinerten Krieg gelöst werden sollen, sind jedoch systemischer Natur. Mit oder ohne Hamas oder Hisbollah wird die herrschende Klasse Israels (wie jede andere imperialistische Macht) immer den Druck spüren, zum Krieg überzugehen, wenn die Widersprüche des Kapitals zunehmen.

Während viele ArbeiterInnen auf der ganzen Welt von den Rufen nach einem Waffenstillstand eingelullt werden, schließt die historische Grundlage dieses im Kapitalismus verwurzelten Konflikts jeden langfristigen Frieden aus. Solange sich alles an der ultimativen Notwendigkeit der Kapitalakkumulation orientiert, resultieren daraus die ultimativen politischen Instrumente, um ArbeiterInnen an die Front zu schicken, mit allen dazugehörenden Schrecken des Krieges, einschließlich des Völkermords. Daher kann nur die vollständige Überwindung des Kapitalismus durch die internationale ArbeiterInnenklasse den Gräueltaten die sich vor unseren Augen abspielen, wirklich ein Ende setzen. Sowohl für Israel als auch für die Hisbollah sind ArbeiterInnen lediglich Variablen in einer Geschäftsbilanz. Ob in Friedens- oder Kriegszeiten, die ArbeiterInnen werden immer den Kopf hinhalten müssen, um die bürgerliche Ordnung zu erhalten sei es offensiv oder defensiv.

Es handelt sich auch um weit mehr als einen lokal begrenzten Konflikt, da er sich an der Schnittstelle der imperialistischen Blöcke abspielt. So sind die USA bei der Kriegsführung im Nahen Osten von der technischen Hilfe Israels abhängig. Israel sieht darin gerade angesichts der derzeitigen Schwäche des Irans die einmalige Gelegenheit, der „Achse des Widerstands“ um den Iran einen schweren Schlag zu versetzen. Infolgedessen haben die USA keine andere Wahl, als die israelische Aggression zu unterstützen und damit ein noch größeres Chaos und Blutvergießen unter den ArbeiterInnen in der ganzen Welt anzurichten. Auch wenn der Iran derzeit davor noch zurückschreckt, sollte nicht außer acht gelassen werden, dass ein allumfassender Krieg seiner herrschenden Klasse als bessere Option erscheinen wird, als den Tod durch tausend Stiche zu erleiden und zuzusehen wie seine Proxies einer nach dem anderen ausgeschaltet werden. Eine solche Entwicklung würde daher eine zweite große Konfrontation zwischen einem von den USA geführten Block und dem Zweckbündnis zwischen Russland und dem Iran auslösen. Da ein solcher Konflikt über den angrenzenden Irak ausgetragen würde, könnte keine „Großmacht“ tatenlos zusehen, wie sich die allgemeine Verwüstung immer weiter ausbreitet.

Gerade in Krisenzeiten wie den heutigen kann allein die Überwindung der kapitalistischen Ordnung, die Verwirklichung des Kommunismus (einer Welt ohne Grenzen, Staaten und Ausbeutung) einen Ausweg bieten. Um für diese immense, gewaltige Aufgabe gewappnet zu sein, müssen sich die ArbeiterInnen auf der ganzen Welt um ein internationales Programm organisieren und für die Perspektive der revolutionären Überwindung des Kapitalismus und aller „Vaterländer“ eintreten. Dies erfordert eine kombinierte Strategie von Streiks, Arbeitsniederlegungen und Bummelstreiks auf politischer Grundlage, um gegen die Kriegsanstrengungen im eigenen Land zu kämpfen. Die ArbeiterInnen in Israel, Palästina, Libanon, Iran, Europa, Amerika usw. können mit diesen Mitteln das Abschlachten unserer Klassenbrüder und -schwestern stoppen. Doch die kapitalistische Barbarei kann nur beendet werden, wenn sich dies zu einem revolutionären Angriff gegen den bürgerlichen Staat entwickelt. Die 1917-1921 in Russland ausgelöste weltweite revolutionäre Welle hat gezeigt, dass die massenhafte Organisation der internationalen ArbeiterInnenklasse nicht nur in der Lage ist, dem Krieg wirksamen Widerstand entgegensetzen, sondern ihn auf den Müllhaufen der Geschichte zu verfrachten.

No War but the Class War!

ProletarierInnen aller Länder vereinigt euch!

--IKT (29.10.2024)

Wednesday, November 6, 2024