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Neun Thesen zum „Kampf gegen rechts“
"In Deutschland kann keine Art der Knechtschaft gebrochen werden, ohne jede Art der Knechtschaft zu brechen.“ (Karl Marx)
Hunderttausende sind gegen die AfD und den Rechtsruck auf die Straße gegangen. Die Enthüllungen des Recherchenetzwerks Correktiv scheinen einen Nerv getroffen zu haben. Vielen stellt sich jetzt die Frage: Wie weiter?
1) Der sog. „Masterplan zur Remigration“ der bei dem ominösen Potsdamer Treffen von AfD-Politikern, organisierten Nazis, Mitgliedern von CDU und Werteunion sowie zahlungskräftigen Unternehmern verhandelt wurde, ist zweifellos menschenverachtend und empörend. Doch überraschen sollte er nicht! Solche und ähnliche kranken Deportationsfantasien sind schon lange fester Bestandteil der Publikationen der „alten“ wie der „neuen“ Rechten und mittlerweile aufs Engste mit der Programmatik der AfD verwoben. Das Potsdamer Treffen verdeutlichte vielmehr wieweit rechte Netzwerker bis in die „Mitte“ der Gesellschaft Strahlkraft gewinnen und selbsternannte „Eliten“ an sich binden.
2) Dies ist mitnichten allein ihrem taktischen und strategischen Geschick geschuldet. Die zunehmenden sozialen Verwerfungen, die Implikationen des Krieges in der Ukraine, die den deutschen Kapitalismus in strategischer und ökonomischer Hinsicht weiter in Bedrängnis brachten und nicht zuletzt die Nachwehen der Corona-Pandemie, die zu einer regelrechten Flut an irrationalen Verschwörungserzählungen führten, bieten der extremen Rechten einen fruchtbaren Boden. In einem von Individualisierungstendenzen, Ohnmachtsgefühlen und sozialen Abstiegsängsten geprägten gesellschaftlichen Klima gelingt es der AfD mit einem Propagandagemisch aus völkischem Nationalismus und Marktradikalismus Anklang zu finden. Damit steht sie jedoch keinesfalls außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft, deren demokratischer Wertekanon jetzt medienwirksam gegen sie in Stellung gebracht wird.
3) Selten hat eine Protestbewegung von offizieller Seite so viel Zuspruch erhalten. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ fabulierte von einem „Volksaufstand für die Demokratie“ und führende „Wirtschaftslenker“ von Bundesbank, Porsche, SAP und VW gaben gegenüber der Zeitschrift „Capital“ zu Protokoll: „Ohne Vielfalt kein Wohlstand“. Grußbotschaften kamen vom „Bund der deutschen Industrie“, den Gewerkschaften, den Kirchen, dem Bundespräsidenten und nicht zuletzt von Bundeskanzler Olaf Scholz, der gleichen Charaktermaske, die kurz zuvor erklärte: „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“. Über die Parteigrenzen riefen Politiker zur „Verteidigung der Demokratie“ gegen die AfD auf. Es waren dieselben Akteure die nahezu im selben Atemzug das sog. „Rückführungsverbesserungsgesetz“ durch den Bundestag brachten, welches auf „vereinfachte“ Abschiebungen und eine weitere Entrechtung von Geflüchteten abzielt. Die Kompetenzen der Polizei sollen damit erweitert und Abschiebungen nicht mehr angekündigt werden, sofern nicht Familien mit Kindern unter 12 Jahren betroffen sind. Widerspruch und Klage gegen Abschiebungen sollen keine aufschiebende Wirkung mehr haben! Der CDU, die sich anderweitig über die „Deportationspläne der AfD“ empört, ging dieses Gesetz freilich nicht weit genug. In ihrem neuen Grundsatzprogramm plädiert sie daher dafür, Asylbewerber in außereuropäische Drittstaaten zu verfrachten, was verdächtig nahe an originäre Forderungen der AfD herankommt.
4) Die viel beschworene „Brandmauer gegen rechts“ erweist sich somit als selbst prozessierender Widerspruch. Während man sich rhetorisch gegen die AfD positioniert, werden zeitgleich Asylgesetze weiter verschärft, der Polizei- und Sicherheitsapparat ausgebaut und damit zentrale Programmpunkte der AfD umgesetzt. Besonders zynische Politikanten begründen dies damit, die AfD so „entzaubern“ und ihr das Wasser abgraben zu wollen. Doch faktisch wurde die AfD so nur weiter aufgewertet und gestärkt. Nach wie vor befindet sie sich in der äußerst komfortablen Situation mit ihren Forderungen weiter nachzulegen, zuzuspitzen und sich als besonders konsequente Vertreterin einer autoritären Krisenlösung in Szene setzen zu können.
5) „Wieviel Migration verträgt Deutschland?“ lautet die eifrig verhandelte Frage in Talkshows und Parlamentsdebatten. Allein die national bornierte Fragestellung offenbart eiskalte Berechnung. Die durch die Krise hervorgerufenen Kriege und sozialen Verwüstungen haben weltweit zu Flucht und Vertreibung von Millionen Menschen geführt, was einmal mehr die zerstörerische Entwicklungsdynamik des globalen Kapitalismus unterstreicht. Vor diesem Hintergrund versucht die herrschende Klasse mit neuen Selektionsmechanismen die Steuerung und Kontrolle über die Migrationsbewegungen wiederzugewinnen. Dieser Prozess vollzieht sich nicht spannungsfrei. Die Großbourgeoisie und der exportorientierte Flügel des deutschen Kapitals setzen darauf den alten völkischen Nationalismus durch einen modernen Leistungsrassismus zu ergänzen, der sich getreu dem Motto „Ohne Vielfalt keinen Wohlstand“ an den Kriterien von Leistungsfähigkeit, Rentabilität und Nützlichkeit orientiert. Die Kapitalfraktionen des abstiegsbedrohten Mittelstands hingegen sehen im aggressiven Nationalismus die Möglichkeit ihre Privilegien zu schützen. Sie setzen auf Abschottung ihrer lokalen und regionalen Absatzmärkte durch einen autoritären Protektionismus. Doch trotz aller Unterschiede sehen sich beide dem zum „nationalen Interesse“ geadelten Prinzip der Profitmaximierung verpflichtet. Und in diesem Kontext kann selbst die triviale Forderung eines Individualrechts auf Asyl, welches den Normen der ansonsten so viel gepriesenen „wertebasierten Ordnung“ entspricht, schnell unter die Räder geraten.
6) Kritik an der Politik der Bundesregierung und der Parteien war bei den Initiatoren der jüngsten Demos alles andere willkommen. Sie war ein unbequemer Störfaktor bei einem Ritual moralischer Selbstvergewisserung, das vorrangig den Zweck verfolgte, die vielbeschworene „bürgerliche Mitte“ als moralische Instanz gegen „jeden Extremismus“ in Stellung zu bringen. Doch der Drops ist noch lange nicht gelutscht! Viele waren überhaupt das erste Mal auf einer Demo. Die Heuchelei und der Zynismus der Herrschenden liegen offen zutage. Besonders migrantische Menschen machen sich angesichts des grassierenden Rassismus ernsthaft Sorgen um ihre schiere Existenz! Darin liegt Potential für weitergehende Bewegungen. Die Forderung nach einem AfD-Verbot verstellt hier den Blick. Abgesehen davon, dass sie einem Propagandageschenk an die AfD gleichkäme, vermittelt sie die Illusion das Problem des Rassismus an eine höher geordnete Instanz delegieren zu können.
7) Die Quintessenz eines jeden Antifaschismus besteht darin, dem Faschismus widerstehen zu wollen, indem man die Demokratie verteidigt. Mit dem geheimen und gleichen Wahlrecht und der Existenz konkurrierender Parteien hat sich die Demokratie in der Regel als agilste Herrschaftsform der Warengesellschaft erwiesen. Die bürgerlich-demokratische Ideologie rekurriert auf den Glaubenssatz, dass sich die politische Freiheit und Gleichheit mit dem Wahlrecht verwirkliche. Doch eine solche Annahme macht nur Sinn, wenn man ökonomischen Bedingungen unterstellt, die im Wesentlichen für alle gleich sind, was in einer kapitalistisch verfassten Klassengesellschaft niemals der Fall sein kann. Somit erweist sich die bürgerliche Demokratie selbst im Normalvollzug als Schein der Freiheit und damit als perfide Knechtschaft. Spätestens wenn die Krise zuschlägt lösen sich die hehren „demokratische Normen und Werte“ schnell in Schall und Rauch auf, gewinnen autoritäre Lösungsmuster und Ressentiments an Zugkraft, werden einst zugestandene „demokratische Rechte“ kapitalistischen Verwertungsimperativen geopfert. Ein Prozess der sich mittlerweile weltweit besichtigen lässt. In dieser Situation eine abstrakte „Demokratie“ verteidigen zu wollen, läuft darauf hinaus den Mythos des Staates als klassenneutrale Instanz zu akzeptieren, zu befördern und ihm letztlich zu erliegen. Es bedeutet sich jeder Möglichkeit der Selbstaktivität zu berauben und sich den Autoritaristen jeder Couleur schutzlos auszuliefern.
8) Rassismus ist in all seinen Spielarten eine Ideologie, die die strukturelle Benachteiligung von Menschen anhand ihnen zugeschriebener Merkmale widerspiegelt und rechtfertigt. Der Rassismus hat sich im Zuge des Kolonialismus und der Entwicklung des kapitalistischen Weltsystems herausgebildet und ist zu einem wesentlichen Organisationsprinzip der Warengesellschaft geworden. Die Aufrechterhaltung und Struktur der kapitalistischen Wirtschaft erfordert es, dass sich Lohnabhängige als Konkurrenten um Arbeitsplätze, Wohnungen und Sozialleistungen begreifen. Der Rassismus bezieht seine Anziehungskraft aus der Vorstellung, das Probleme der kapitalistischen Krise nur abgeholfen werden können, wenn jemand anders, selbstredend niemals die Kapitalisten, den Gürtel enger schnallen. Auf dieser Grundlage kann der durch die bürgerliche Propaganda vermittelte Gedanke wir müssten uns gegen „Ausländer“ und „Fremde“ schützen, Anklang finden. Solange hier nicht angesetzt und derartigen Vorstellungen entgegengetreten wird, wird die rassistische Rechte das gesellschaftliche Klima beherrschen. Wo immer dies möglich ist, gilt es daher in alltäglichen sozialen und politischen Auseinandersetzung deutlich zu machen, dass die Ursache der Krisenerscheinungen das System selbst ist!
9) Von wirklich demokratischen Verhältnissen kann jedenfalls erst dann gesprochen werden, wenn die Ketten der Lohnarbeit weltweit gesprengt und die Menschen somit in die Lage versetzt sind auf der Grundlage vergesellschafteter Produktionsmittel über ihre Lebens-und Arbeitsbedingungen selbst entscheiden zu können. Eine solche „Assoziation der Freien und Gleichen“ ist keine Staatsveranstaltung! Der Kommunismus ist kein Zustand oder Programm, welches sich per Partei- oder Staatsdekret in die Praxis umsetzen ließe, sondern eine gesellschaftliche Bewegung zur bewussten Überwindung von Herrschaftsverhältnissen. Erst in einer Gesellschaft in der die „freie Entwicklung eines jeden, die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist“, wird die Herausbildung wirklicher Individualität möglich sein, werden die Menschen ohne Angst verschieden sein können. Bis dahin hat sich jedes ernsthafte Eintreten für Humanität an der Maxime zu richten „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“
Für die staaten-und klassenlose Gesellschaft!
Gruppe Internationalistischer KommunistInnenICT sections
Grundlagen
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- Crisis
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Geschichte
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- 04. Modern History
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- 1918: Abstentionist Communist Fraction of the PSI
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- 1934: Long March of Chinese communists
- 1934: Miners' uprising in Asturias
- 1934: Workers' uprising in "Red Vienna"
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- 1936-38: Great Purge
- 1936-39: Spanish Civil War
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- 1938: Fourth International
- 1940s
- 1960s
- 1980s
- 1979-89: Soviet war in Afghanistan
- 1980-88: Iran-Iraq War
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- 1982: Sabra and Chatila
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- 1982: Falklands War
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- 1987: Perestroika
- 1989: Tiananmen Square Protests
- 1990s
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- 1991: Dissolution of Soviet Union
- 1991: First Gulf War
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- 1994: Genocide in Rwanda
- 1999-2000: Second Chechen War
- 1999: Introduction of euro
- 1999: Kosovo War
- 1999: WTO conference in Seattle
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- 2000s
- 2000: Second intifada
- 2001: September 11 attacks
- 2001: Piqueteros Movement in Argentina
- 2001: War in Afghanistan
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- 2006: Comuna de Oaxaca
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- 2008: Riots in Greece
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- 2009: Israel-Gaza conflict
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- 1925: Comitato d'Intesa
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- 1926: Lyons Congress of PCd’I
- 1927: Vienna revolt
- 1928: First five-year plan
- 1928: Left Fraction of the PCd'I
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