„Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“ Wir haben eine Welt zu retten!

Die allmähliche Verschärfung der Klimakrise scheint in den letzten zwei Jahren eskaliert zu sein, wobei uns jede Naturkatastrophe und jeder Akt der Umweltzerstörung dem vollständigen ökologischen Kollaps näherbringt.

Im Februar 2021 wurde Texas von einer Reihe nie erlebter Schneestürme heimgesucht, die einen Stromausfall verursachten, von dem Millionen Menschen betroffen waren. Der Sturm zerstörte das Stromnetz, das sich nach jahrzehntelangen Kürzungen ohnehin in einem sehr schlechten Zustand befand. Ohne Strom waren Millionen von Menschen während des historischen Frosts ohne Heizung, was nach vorsichtigen Schätzungen mindestens 210 Menschen das Leben kostete.(1) Einige Studien beziffern die Zahl der Todesopfer sogar auf das Drei- oder Vierfache.(2)

Dies lässt den Schluss zu, dass der Staat die Zahl der Todesopfer zu niedrig angegeben hat, wahrscheinlich um die Schwere und Unmittelbarkeit der Klimakrise herunterzuspielen. Es war auch ein Versuch, sich der Verantwortung zu entziehen, da er es versäumt hatte, das sich verschlechternde Stromnetz nach früheren Fehlfunktionen zu reparieren oder zu ersetzen.

Die meisten Opfer starben an Unterkühlung, andere Haupttodesursachen waren jedoch Autounfälle, Kohlenmonoxidvergiftungen und chronische Erkrankungen, die durch den Sturm noch verschlimmert wurden. Dies ist nur ein Beispiel für die Eskalation der Klimakatastrophe allein im Jahr 2021. Im Spätsommer tötete der Hurrikan Ida fast 100 Menschen(3) von Louisiana bis in den Nordosten, flutete Städte und zerstörte Häuser. Obwohl die extremen, mehrtägigen Hitzewellen augenscheinlich nicht so verheerend waren wie der Hurrikan Ida oder die Waldbrände an der Westküste, sind sie doch am alarmierendsten, da sie darauf hindeuten, dass bei anhaltender globaler Erwärmung noch Schlimmeres bevorsteht. Tausende von hitzebedingten Todesfällen in Nordamerika sind im vergangenen Jahr auf den akuten Anstieg der Erdtemperatur zurückzuführen; am stärksten betroffen sind Obdachlose, ältere Menschen, ArbeiterInnen die im Freien arbeiten, und Menschen aus der ArbeiterInnenklasse, die sich weder eine Klimaanlage noch einen Schutz vor der sengenden Hitze leisten können.(4)

Im globalen Maßstab werden die Auswirkungen und Entwicklungen der Krise noch deutlicher. Wissenschaftliche Studien haben den Klimawandel mit der Industrialisierung in Verbindung gebracht(5) - der Anstieg der CO2-Emissionen und der Treibhausgase ist das Ergebnis der unbegrenzten Verbrennung fossiler Brennstoffe zur Erzielung von kapitalistischer Akkumulation und Profit. KlimawissenschaftlerInnen haben den Anstieg in erster Linie auf "menschliche Aktivitäten" zurückgeführt, obwohl ihre Studien ganz klar zeigen, dass es menschliche Aktivitäten unter kapitalistischen Produktionsverhältnissen sind, die die Ursache des Klimawandels sind, nicht menschliche Aktivitäten als solche. Das Problem ist systemisch - nämlich das kapitalistische System - und kann daher nicht innerhalb der kapitalistischen Produktionsverhältnisse gelöst werden. Die CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre ist von etwas mehr als 300 ppm (parts per million) in den 1950er Jahren auf heute mehr als 410 ppm angestiegen.(6) Dies wird durch die Emissionen aus der kapitalistischen Produktion und Akkumulation verursacht und durch die Umweltzerstörung erheblich verschärft, insbesondere durch die Zerstörung der natürlichen CO2-Absorber auf dem Land und in den Ozeanen; Hauptbeispiele hierfür sind die Abholzung der Wälder, wodurch Bäume aus dem Ökosystem entfernt werden, und die Versauerung der Ozeane, die durch die erhöhte CO2-Auflösung im Wasser verursacht wird, wodurch die Planktonpopulation, die für die Aufnahme und Speicherung von CO2 entscheidend ist, zurückgegangen ist.

Im Juni wurde der sechste Sachstandsbericht (AR6) des Weltklimarates (IPCC) von einer Gruppe von WissenschaftlerInnen, die der Scientist Rebellion angehören, geleaked. Der AR6 des IPCC zeichnet das bisher düsterste Bild von der Zukunft der Erde. Er warnt vor "zunehmend extremen Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen"(7), einer Zunahme der weltweiten sozioökonomischen Ungleichheit und der Möglichkeit von Kriegen und Konflikten. Außerdem werden verschiedene "Kipp-Punkte"(8) für das weltweite Ökosystem aufgeführt, bei deren Überschreitung sich der Amazonas in eine Savanne verwandeln und der Meeresspiegel um 40 Fuß ansteigen würde. In dem Bericht heißt es, dass sofortige und umfassende Änderungen der Weltwirtschaft und der Weltenergiesysteme erforderlich sind und dass "inkrementelle Veränderungen keine praktikable Option sind".(9) Dabei wurden fünf verschiedene Emissionsszenarien entwickelt, die davon abhängen, wie stark die Emissionen jetzt und in Zukunft gesenkt werden. Sie reichen vom günstigsten Szenario, SSP1-1,9, bis zum ungünstigsten, SSP5-8,5. Aufgrund des derzeitigen Emissionsanstiegs und der Tatsache, dass die herrschende Klasse keinen wirklichen Kurswechsel vorgenommen hat, befinden wir uns wahrscheinlich auf einem der beiden schlimmsten Pfade, SSP3-7,0 oder SSP5-8,5. Die Folgen sind verheerend. Selbst wenn wir uns auf dem mittleren Pfad, SSP2-4,5, befinden, werden wir ein Massensterben in der Größenordnung von Milliarden von Menschen erleben, zusammen mit kritischer Wasserknappheit, Ernteausfällen, Wellen von Klimaflüchtigen und einer noch höheren Wahrscheinlichkeit eines globalen imperialistischen nuklearen Holocausts. Wie ein IKT-Mitglied bereits anmerkte: "Keiner dieser Pfade erreicht das Pariser Ziel von null Emissionen bis 2050."(10)

Bürgerliche „Lösungen“

Man sollte meinen, dass unsere Machthaber die Krise ernst nehmen würden, wenn die zukünftige Existenz der Menschheit auf dem Spiel steht. Doch die Kapitalistenklasse kann nicht anders, als ihren Weg der Umweltzerstörung im Namen des Profits fortzusetzen. Der jüngste COP26-Gipfel in Glasgow hat das wahre Wesen der Interessen der Bourgeoisie offenbart: Trotz des Versprechens der führenden Politiker der Welt, den Klimawandel zu bekämpfen, wird die von ihnen vertretene Kapitalistenklasse vor nichts zurückschrecken um Profit zu machen, und der Kapitalakkumulation die Priorität einräumen, auf die Gefahr hin, dass die Menschheit ausstirbt. Es als Wiederholung von Paris 2015 zu bezeichnen, wäre unzutreffend, denn der Pariser Gipfel hatte zumindest das Ziel, die globale Erwärmung auf höchstens 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, da ein Anstieg über 1,5°C schwerwiegende Folgen für die Umwelt und den Verlauf des Klimawandels hätte. In Glasgow hingegen wird ein Anstieg auf 2,1 °C über dem vorindustriellen Niveau bis zum Jahr 2100 angestrebt - nach Ansicht einiger KlimaforscherInnen vielleicht 50 Jahre zu spät.(11) Wir werden langsam darauf getrimmt, den Tod von Milliarden von Menschen und die dauerhafte Zerstörung unseres Planeten zu akzeptieren. WissenschaftlerInnen gehen davon aus, dass der Klimawandel katastrophale Folgen für die Umwelt und die Wirtschaft haben und zur Flucht von Milliarden von Menschen führen wird. Diese Zunahme an Migrationsbewegungen wird die aus den Fugen geratene Gesellschaft weitergehend destabilisieren und ihren Zusammenbruch beschleunigen. Wir stehen vor der Alternative Sozialismus oder Barbarei; wenn wir den Kapitalismus nicht abschaffen, werden wir möglicherweise nicht in der Lage sein, den totalen gesellschaftlichen und ökologischen Zusammenbruch oder schlimmer noch: das Aussterben der Menschheit zu verhindern.

Bei der gegenwärtigen bürgerlichen Politik wird die Temperatur bis zum Jahr 2100 voraussichtlich 2,7°C über dem vorindustriellen Niveau liegen.

Die Versprechen sind nicht nur unzureichend, um den Klimawandel zu stoppen, sie sind auch nicht durchsetzbar. Die Kapitalistenklasse hat keinen Grund, gegen ihre eigenen Interessen zu handeln, um die Emissionen zu reduzieren; ihre oberste Priorität ist der Profit, selbst auf die Gefahr hin, die natürliche Umwelt zu zerstören. Diese Realität zeigt sich, wenn auf die Versprechen des Präsidenten der USA, den Klimawandel zu bekämpfen, ein Deal folgt, der den Abbau fossiler Ressourcen erleichtert, obwohl dies katastrophale Folgen für die Umwelt hat. Nur wenige Tage nach Bidens Rede auf der COP26 hat seine Regierung: „eine Versteigerung von mehr als 80 Millionen Hektar des Golfs [von Mexiko] für die Gewinnung fossiler Brennstoffe [eingeleitet] - ein Rekordverkauf, der […] Jahrzehnte der Erderwärmung festschreibt.“ Dies ist nur das jüngste Beispiel in einer langen Geschichte, in der die herrschende Klasse der USA den Profit über den Planeten stellt. Die Obama-Regierung unterstützte konsequent die Ausweitung der Bohrungen und den Verkauf riesiger Mengen an Schieferöl und öffnete weite Gebiete in Alaska und der Arktis für Ölbohrungen. Trumps Regierung war in dieser Hinsicht lediglich eine Fortsetzung der Regierung seines Vorgängers, mit dem entscheidenden Unterschied, dass er seine Verachtung für die Gesundheit des Planeten nicht hinter wortgewaltigen Reden versteckt. Jeder, der ernsthaft das Leben des Planeten in die Hände von Biden, Modi, Bolsonaro, Jinping oder anderen Verbrechern der herrschenden Klasse legt, die sich durch ökologische Zerstörung die Taschen vollgeschlagen haben, macht sich etwas vor und hat einen verzweifelten Weg gefunden, mit der völligen Hilflosigkeit fertig zu werden, auf die wir alle unweigerlich konditioniert sind.

Als Reaktion auf dieses Gefühl der Hilflosigkeit halten es viele, vor allem junge Menschen, weltweit für notwendig, auf die Straße zu gehen und von ihren Regierenden ernsthafte Maßnahmen zur Sicherung ihrer Zukunft zu fordern. In den USA nehmen diese klimaaktivistischen Jugendgruppen die Form von Umweltgruppen wie Sunrise oder Extinction Rebellion an. Obwohl die Wut und die Beweggründe dieser jungen KlimaaktivistInnen lobenswert sind, sind es die Gruppen, die ihre Wut kanalisieren, nicht. Seit ihrer Gründung im Jahr 2017 besteht das Hauptziel von Sunrise darin, die CO2-Emissionen in den USA bis 2030 durch ihren intensiven _"Green New Deal"(13) auf null zu reduzieren. Sie behaupten, dass dieses Programm dazu beitragen wird, "Millionen von Menschen wieder in gut bezahlte Jobs zu bringen, um eine nachhaltige, gerechte und auf den Menschen ausgerichtete Wirtschaft aufzubauen". Trotz ihrer "radikalen"_ Sprache fungiert Sunrise nur als ein Organ, das desillusionierte Jugendliche zurück in die Maschinerie der Demokratischen Partei schleust. Nachdem die Organisation Joe Biden bei den Vorwahlen der Demokraten im Jahr 2020 eine Klima-Bewertung der Note 6 gegeben hatte, unterstützte sie ihn und richtete praktisch alle ihre Organisationsbemühungen für 2020 darauf aus, seine Wahl zu befürworten.

Die Ergebnisse ihrer Arbeit haben lediglich zu einer erneuten ökologischen Zerstörung geführt, nur jetzt unter dem falschen Vorwand, den Klimawandel zu bekämpfen. Darüber hinaus ist der "Green New Deal" von Sunrise ein weiteres Projekt der kapitalistischen Akkumulation und des massenhaften Ressourcenabbaus in den Peripherien des Kapitalismus. Das Lithium für ihre Elektroautos wird in Minen in Bolivien, Argentinien und Chile und das Kobalt in der Demokratischen Republik Kongo abgebaut, wobei die Arbeit von Kindersklaven verrichtet wird. In der Demokratischen Republik Kongo arbeiten schätzungsweise 40.000 Kinder in lebensgefährlichen „handwerklichen“ Minen. Das ist es, was die "Progressiven" bei Sunrise den Aufbau einer "gerechten Wirtschaft" nennen.

Der Schlüssel ist die ArbeiterInnenklasse

Das Problem von Sunrise, Extinction Rebellion und anderen "radikalen" UmweltschützerInnen besteht darin, dass sie die Tatsache nicht ausdrücklich anerkennen, dass der Kapitalismus selbst für den Klimawandel verantwortlich ist, und nicht nur eine Variante des Kapitalismus oder ein paar böse Milliardäre, die sich entschieden haben, ihr Vermögen zu horten. Der Kapitalismus ist ein Wirtschaftssystem, das auf unendliches Wachstum auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen setzt. Das ist eindeutig nicht tragbar und kann uns nur auf einen Weg der völligen Umweltzerstörung führen, der unsere Lebensgrundlagen vernichtet. Selbst in einem "Grünen Kapitalismus", einem Szenario, in dem wir von fossilen Brennstoffen zu grüner Energie übergehen, würde diese Zukunft enorme Emissionen und Raubbau mit sich bringen, womit wir unser eigenes Grab schaufeln würden.(14) Dieses Szenario wäre auch nur möglich, wenn ein Profit realisiert werden könnte; ein Profit, der auf dem Rücken der ArbeiterInnen, unserer Klasse, gemacht wird. Die ArbeiterInnenklasse muss die Folgen der Klimakrise erleiden und bezahlen, die durch die Gier der Bourgeoisie noch verschlimmert werden.(15) Während die Linke in der Demokratischen Partei ein "saubereres" Energienetz in den USA anstrebt, blenden sie die zunehmende Ausbeutung von ArbeiterInnen in Asien, Afrika und Lateinamerika aus, weil dies ihrem rosigen Narrativ widerspricht. Sie sind Nationalisten in radikalem Gewand und müssen kompromisslos bekämpft werden, wenn es darum geht, der Menschheit eine lebenswerte Zukunft zu sichern.

In der Realität kann nur die ArbeiterInnenklasse den Planeten retten. Wir werden dies nicht tun, indem wir unsere Macht an Politiker oder zügellose Aktivistengruppen delegieren und ihnen als Fußsoldaten in ihren fruchtlosen politischen Kampagnen dienen. Stattdessen werden wir unsere Spezies und alles Leben auf der Erde nur durch einen harten, unmissverständlichen Bruch mit den Kapitalisten und all ihren Parteien und Anhängern retten können. Anstatt sich darauf zu verlassen, dass die Staaten den von ihnen verursachten Schlamassel beseitigen, muss die WeltarbeiterInnenklasse ihre eigenen Kampf- und Machtorgane wie ArbeiterInnenräte schaffen. Dies werden die Organe sein, durch die unsere Klasse die Welt wirklich steuern kann. Diese Selbstorganisation der ArbeiterInnenklasse ist notwendig für den Übergang zu einem lebensfähigen Planeten. Wir brauchen die politische Unabhängigkeit der ArbeiterInnenklasse, um diese Welt zu erreichen, was durch die Schaffung einer internationalistischen revolutionären Partei des Proletariats und einer internationalistischen kommunistischen Revolution erreicht werden kann. Diese politische Organisation der ArbeiterInnenklasse würde als Wegweiser in den Kämpfen der ArbeiterInnenklasse zum Aufbau dieser Welt dienen, als politischer Bezugspunkt, an dem sich die gesamte Klasse orientieren und den sie nutzen könnte, um wirklich die globale politische Macht zu erobern. Natürlich ist die Partei nichts ohne die Klasse; die ArbeiterInnen müssen sich selbst organisieren, um den Kapitalismus zu überwinden.

Die alte Losung der weltweiten kommunistischen Bewegung lautete: "Wir haben eine Welt zu gewinnen.“ Aber der Marxismus ist eine lebendige und gelebte wissenschaftliche Methode. Eine angemessenere Losung für unsere Zeit wäre also: "Proletarier aller Länder vereinigt euch! Wir haben eine Welt zu retten!"

Internationalist Workers Group (IWG)

(1) houstonpublicmedia.org

(2) forbes.com

(3) cbsnews.com

(4) nytimes.com

(5) scialert.net

(6) leftcom.org

(7) bbc.com

(8) news.yahoo.com

(9) scientistrebellion.com

(10) leftcom.org

(11) cbsnews.com

(12) theguardian.com

(13) sunrisemovement.org

(14) honuaolabioenergy.com

(15) theguardian.com

Wednesday, February 9, 2022