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Startseite ›Die Wohnungen denen, die drin wohnen!
„Das Recht zu leben steht über dem Privateigentum!“
Wandparole aus der Russischen Revolution
Mit dem Kippen des Berliner Mietendeckels durch das Bundesverfassungsgericht konnte die Immobilienlobby einen bedeutenden Punktsieg feiern. Laut dem einstimmig gefassten Urteilsspruch sei das Berliner Gesetz zur Mietenbegrenzung „mit dem Grundgesetz unvereinbar und deshalb nichtig.“ Die Börsen reagierten dementsprechend: Die Kurse der „Deutschen Wohnen“ legten um 6,8 Prozent, die der „Adler Group“ um 7,6 und die der „Vonovia“ um 2,9 Prozent zu. Tausenden Mieterinnen und Mietern drohen nun unter Pandemiebedingungen saftige Mieterhöhungen und Nachzahlungen. Kommen sie dem nicht nach, laufen sie Gefahr ihre Wohnungen zu verlieren. Wieder einmal wurde unmissverständlich klargestellt: Die bürgerliche Gesetzlichkeit schützt das Eigentum der Reichen, aber nicht das Recht auf Wohnen!
Ein wirksames Instrument zur Eindämmung der rasant steigenden Mieten war der Mietendeckel freilich nie. Er war zeitlich befristet, hatte viele Schlupflöcher und wurde von Wohnungseignern und Immobilienhaien mehrfach ausgetrickst. Trotz Mietendeckel stiegen die Mieten um 5 Prozent an. In seiner ganzen Konzeption war er eine Beruhigungspille, mit der der Senat mäßigend auf die MieterInnenproteste von 2018/2019 einwirken wollte. Es sollte vergessen gemacht werden, dass es der Senat aus SPD und Linkspartei war, der im Zeitraum von 2002 bis 2011 hunderttausende Wohnungen zu einem Spottpreis an Immobilienkonzerne verscherbelte. Damit hatte er einen nicht unbeträchtlichen Anteil daran, dass die Angebotsmieten in den letzten 10 Jahren um 106 Prozent anstiegen. Nun, da der letzte „Deckel“ weg ist, dürfte sich dieser Trend fortsetzen...
Wohnungsnot und rasant steigende Mieten sind mitnichten ein rein Berliner Phänomen. Bundesweit ziehen die Mietpreise drastisch an. Der durchschnittliche Mietpreis liegt in München bei 18,48 Euro pro Quadratmeter, in Frankfurt bei 15,75 Euro in Stuttgart 14,74 Euro. Mit „nur“ 13,68 Euro ist Berlin „noch“ das Schlusslicht. Auch Vorstädte und Randgebiete bleiben von dieser Entwicklung nicht verschont. Mittlerweile gehen fast 40 Prozent des Nettoeinkommens für die Miete drauf. Für den zuweilen zweifelhaften Luxus eines Dachs über den Kopf muss immer härter geschuftet, bei Essen und Kleidung geknapst und/oder die merkwürdigsten Wohn-und Bedarfsgemeinschaften gebildet werden. Besonders RenterInnen und Menschen mit niedrigen Einkommen bleiben auf der Strecke. Die Zahl der Zwangsräumungen nimmt immer mehr zu und mit ihr die Zahl von Menschen, die von Wohnungsnot und Obdachlosigkeit unmittelbar bedroht sind.
Die Wohnungsnot: Eine kapitalistische Misere
Natürlich kann man versuchen, sich diese Entwicklung entlang der vorherrschenden marktwirtschaftlichen Logik erklären. Demnach kämen in den Ballungsräumen zu viele Menschen auf zu wenige Wohnungen. Folglich müssten mehr Anreize geschaffen werden, damit Bau - und Immobilienfirmen mehr bauen, um so das Verhältnis von Angebot und Nachfrage wieder ins Lot zu bringen. Doch für den kapitalistischen Wohnungsmark*t gilt: *Gerade der Mangel an bezahlbaren Wohnraum ist die Quelle einträglicher Gewinne. Je weniger günstige Wohnungen es gibt, umso höhere Mieten lassen sich einstreichen. Gerade weil die realexistierende kapitalistische Produktionsweise nicht auf die Erfüllung der wirklichen Bedürfnisse der Menschen orientiert ist, sondern dem Diktat der Profitmaximierung unterworfen ist, gibt es die Wohnungsnot, die mit allen anderen Problemen stetig zunimmt! Investiert wird auf dem Wohnungsmarkt nur da, wo der erwartete Gewinn die Kosten weit übersteigt. Mit dem Bau von kostengünstigen Sozialwohnungen ist dies schwerlich möglich. Sehr wohl aber mit „Modernisierungen“, „Instandsetzung“ teurer Neuvermietung sowie mit dem Bau von Eigentums- und Luxuswohnungen. Folgerichtig ist die Zahl der Sozialwohnungen drastisch zurückgegangen. Jedes Jahr fallen 43000 dieser Wohnungen aus der Sozialbindung und es kommen immer weniger neue hinzu.
Die Krise und die „Flucht ins Betongold“
Vor diesem Hintergrund wirkt der Takt der globalen kapitalistischen Krise als zusätzlicher Brandbeschleuniger. Als Anfang der 70er Jahre der Nachkriegsboom an sein Ende kam, hatte sich ein bisher beispielloser Akkumulationszyklus erschöpft. Zur Kompensation der Profitrate setzte das Kapital auf Umstrukturierungen des Produktionsprozesses und eine massive Erhöhung der Ausbeutungsrate. Durch die Ausweitung von flexibilisierten und prekären Beschäftigungsverhältnissen versuchte sich der Kapitalismus als „Dienstleistungsgesellschaft“ neu zu erfinden. Gleichzeitig wurde der in den letzten Jahrzehnten durch Lohnarbeit geschaffene Reichtum in die Finanzsphäre verschoben, wo auf wundersame Weise Geld „arbeitet“, (ohne jedoch reale Werte zu schaffen) und die Spekulation ihre Blüten trieb. Der Schock der Finanzkrise von 2008 tat dieser Entwicklung keinen Abbruch. Um einen Zusammenbruch der Weltwirtschaft zu verhindern, erhöhten die Zentralbanken die Menge des umlaufenden Geldes. Auf der Suche nach lukrativen Anlagemöglichkeiten fließt gerade in Zeiten der Null- und Niedrigzinspolitik massenhaft Kapital ins sog. „Betongold“, was die Immobilien- und Bodenpreise exorbitant in die Höhe treibt. Auf der Grundlage der Wohnungsknappheit blüht die Spekulation mit Wohnungen. Insbesondere die Großstädte werden zum Tummelplatz von Anlagefonds, börsennotierten Unternehmen, reichen Privatleuten und sonstigen Profitjägern. Ihr Geschäftsmodell: Wohnungen werden zu Anlageobjekten, die Kosten für Instandhaltung minimiert und die Möglichkeiten zur Mieterhöhung maximal ausgeschöpft. Die Folgen lassen sich mittlerweile in so ziemlich jedem Kiez besichtigen.
Vergesellschaftung im bestehenden Falschen?
Diese Entwicklung macht mittlerweile auch vor dem Mittelstand nicht mehr Halt. Bis weit ins bürgerliche Lager mehren sich mittlerweile die Stimmen, die nach der Ordnungsfunktion des Staates rufen, um den Entwicklungen des privaten Wohnungsmarktes Grenzen zu setzen. In Berlin hat sich mit der „Kampagne Deutsche Wohnen und Co enteignen“ ein Bündnis gebildet, das einen Volksentscheid zur Enteignung der größten Immobilienkonzerne vorschlägt. SprecherInnen des Bündnisses nehmen für sich in Anspruch fest auf dem Boden der bürgerlichen Legalität zu stehen und gleichzeitig die Debatte um „Vergesellschaftung“ neu belebt zu haben. Beides stimmt. Allerdings zu dem Preis, dem Begriff „Vergesellschaftung“ jeder Bedeutung beraubt zu haben. Orchestriert vom Gezeter der Immobilenlobby und bürgerlicher Parteien, die vor „einem Rückfall in den Sozialismus“ warnen, erweckt die avisierte „Vergesellschaftung“ zunächst den Anschein eines radikalen Unterfangens. Näher betrachtet geht es jedoch um nicht mehr und nicht weniger als die „Rekommunalisierung“ von ca. 200 000 Wohnungen die in den 2000er Jahren vom Senat zu Spottpreisen verhökert wurden. Diese sollen in eine „Anstalt öffentlichen Rechts“ nach dem Vorbild der Berliner Verkehrsbetrieben (sic!) überführt werden. Dies alles bei Zahlung entsprechender Entschädigungen der Immobilienunternehmen, die mindestens um das zehnfache höher liegen als der ursprüngliche Verkaufswert. Beträchtliche Summen also, die aus „fairen Mieten“ und Zinsen zurückgezahlt, ergo den Miethaien in den Rachen geworfen werden sollen. Die reformistische Sackgasse ist also vorgezeichnet. Bizarre Zahlenspiele und Machbarkeitsrechnungen gehen mit gebetsmühlenartig geschürten Illusionen einher, dass „Rekommunalisierungen“, „Verstaatlichungen“ oder „Vergesellschaftung“ (die Begriffe variieren je nach Belieben) einzelner Wohnungskomplexe das Wohnungsproblem lösen, die Entmietung und Vertreibung aus den Innenstadtbezirken Einhalt gebieten oder der Kapitalismus partiell zurückgedrängt werden könnte. Doch zum Leidwesen diverser Bewegungsstrategen ändern juristische Eigentumstitel nichts am kapitalistischen Charakter des Wohneigentums. Die Krise existiert nicht losgelöst von der Wohnungsnot. Weder ein staatliches, kommunales oder genossenschaftlichen Wohnungsbauunternehmen wird sich den kapitalistischen Verwertungsgesetzen entziehen können. Gerade in Anbetracht der marktschreierisch angepriesenen Parolen der Staatslinken von einem angeblichen „Recht auf Stadt“ sollte man sich daher also einmal mehr vergegenwärtigen, was ein verdienter Genosse bereits anno 1872 diesbezüglich zum Besten gab: „Solange die kapitalistische Produktionsweise besteht, solange ist es Torheit, die Wohnungsfrage oder irgendeine andre das Geschick der Arbeiter betreffende gesellschaftliche Frage einzeln lösen zu wollen. Die Lösung liegt aber in der Abschaffung der kapitalistischen Produktionsweise, in der Aneignung aller Lebens- und Arbeitsmittel durch die Arbeiterklasse selbst.“ (Friedrich Engels: Zur Wohnungsfrage, MEW 18, S.263)
Friede den Hütten, Krieg den Palästen!
Die in den MieterInnenprotesten häufig zu vernehmende Forderung, dass Wohnraum keine Ware sein dürfe, ist richtig und wichtig. Doch sie wird realpolitisch solange keine Geige spielen, wie die Macht-und Herrschaftsverhältnisse dieser Gesellschaft nicht grundlegend infrage gestellt werden. Eine wirkliche entschädigungslose Vergesellschaftung von Wohnraum im Interesse der ArbeiterInnenklasse, wird sich schwerlich über Volksentschiede und schon gar nicht als Gesetzvorlage im Bundestag durchsetzen lassen. Es geht nicht einfach nur um die „Kontrolle der Banken“, eine „stärkere Besteuerung der Reichen“ oder die „Verstaatlichungen einiger Wohnungskonzerne“. Ein staatlich organisierter Kapitalismus kann keine Alternative sein. Das sollten die Erfahrungen mit dem Stalinismus in der Sowjetunion und anderswo zur Genüge gezeigt haben. Ohne den Bruch mit der kapitalistischen Profitlogik, ohne Entmachtung der Herrschenden, ohne eine grundlegend andere Produktionsweise wird keine neue Gesellschaft möglich sein, die der Ausbeutung des Menschen ein Ende setzt. Die Menschenverachtung des kapitalistischen Systems, die sich in der Wohnungsnot wie in der zunehmenden Verschärfung der Ausbeutung offenbart, zwingt mehr und mehr zum Widerstand, zunächst gegen die unmittelbaren Auswirkungen dieses Systems. Kämpfe gegen Mietsteigerung und Lohndumping sind ein wichtiges Terrain, um Solidarität gerade da zu behaupten, wo die Herrschenden enge Grenzen ziehen. Doch sie sind aussichtlos, wenn nicht klar wird, dass sie zusammengehören. Wir sind KommunistInnen! Es liegt uns fern unsere Ansichten und Positionen zu verschweigen. Wir haben kein „taktisches“, instrumentelles Verhältnis zu den Menschen. Wir lehnen jede Stellvertreterpolitik ab! Unsere Aufgabe sehen wir darin, das Gesamtinteresse der ArbeiterInnenklasse im Auge zu haben, ihre Kämpfe zu unterstützen, Beschränkungen zu kritisieren und zu versuchen das Bewusstsein der Lohnabhängigen in ihre eigene Kraft zu stärken. Dies erfordert einen organisatorischen Rahmen, ein politisches Instrument für die Intervention: Eine internationalistische Organisation mit einer internationalen Struktur und Verankerung. Wir sind uns bewusst, dass dies ein langwieriger und schwerer Prozess sein wird. Aber er ist notwendig, um den Angriffen der Herrschenden die entsprechende Antwort zu geben.
Gruppe Internationalistischer KommunistInnen
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- 2001: War in Afghanistan
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