No Future Without a Fight

Im Jahr 2012 bestimmte der Begriff des "Uniabsolventen ohne Zukunft" kurzzeitig den Zeitgeist. Der britische Publizist Paul Mason gehörte zu seinen wichtigsten Befürwortern und entdeckte eine Gemeinsamkeit zwischen dem Arabischen Frühling, der Anti-Austeritäts-Bewegung in Griechenland und den Studentenprotesten in Großbritannien: Eine soziale Schicht junger gebildeter Menschen ohne Perspektive, die zur treibenden Kraft des Widerstands gegen das "System" werden würde.

Diese Hoffnungen verschwanden schnell. Stattdessen sahen wir den Aufstieg neuer Diktatoren in der arabischen Welt, die Durchsetzung der Austerität durch Syriza in Griechenland und die fruchtlose Saga des Corbynismus in Großbritannien (zu dessen Fürsprechern auch Paul Mason wurde). Das System blieb bestehen, und darüber hinaus wurde weiteres Elend durch Repression und das langsame Mahlen der kapitalistischen Krise entfesselt. Jetzt hat die Pandemie ein bereits düsteres Bild nur noch weiter verdunkelt.

Wir stehen vor einem globalen Umweltkollaps, einem sechsten Massenaussterben von Tier-und Pflanzenarten in der Epoche des sog. Anthropozän.

Der Schuldenberg wächst, und das Kapital hat Mühe, profitable Investitionsmöglichkeiten zu finden. Imperialistische Spannungen breiten sich von Kontinent zu Kontinent aus. Reaktionäre Tendenzen haben Fuß gefasst und mobilisieren Tausende. Arbeitsplätze sind rar und wir können nicht einmal unsere sozialen Kontakte pflegen, aus Angst, unsere Nächsten anzustecken. Der einfachste Weg, seine Laune noch zu verschlechtern, besteht heutzutage darin, die Nachrichten einzuschalten.

Mehr denn je scheint es offensichtlich zu sein, dass Jugendliche aus der ArbeiterInnenklasse, ob mit oder ohne Hochschulabschluss, im Kapitalismus keinerlei Zukunft haben. Während frühere Generationen mit dem Versprechen einer sozialen Aufwärtsmobilität bis zu einem gewissen Grad besänftigt werden konnten, hat die herrschende Klasse heute nichts mehr zu bieten als "business as usual". Es sei denn, man kann Elon Musks (1) Vision der Lohnsklaverei auf dem Mars oder Mohammed bin Salmans Idee einer Metropole der Reichen ohne Co2 Emissionen etwas Attraktives abgewinnen.

Als ob die Aussicht, auf einem sterbenden Planeten zu leben, nicht schon deprimierend genug wäre, gibt es auch noch das schleichende Gefühl, dass es den jüngeren Generationen materiell schlechter gehen wird als der Generation ihrer Eltern. Kein Wunder also, dass sich viele dem Zynismus und dem Eskapismus als einzigem Trost zugewandt haben.

Der Kapitalismus hat sich in der Vergangenheit selbst von den unwahrscheinlichsten Szenarien erholt (die Revolutionäre um die Zeit des Ersten Weltkriegs dachten anfangs, dass er sich nur noch ein paar Jahre halten könne!). Es ist nicht ausgeschlossen, dass dieses System, das bisher dynamischste, noch einen Ausweg findet. Aber zu welchem Preis? Für uns ist das eine rhetorische Frage: Wir wissen, dass der Preis bereits von der ArbeiterInnenklasse, der großen Mehrheit der Weltbevölkerung, bezahlt wird. Die herrschende Klasse hat sich nicht nur als unfähig erwiesen, mit der Krise umzugehen, sie hat es sogar versäumt, dem Rat ihrer eigenen wissenschaftlichen Berater zu folgen. Und doch hat sie noch ein Ass im Ärmel: das Gift, mit dem die Menschheit im Laufe der vergangenen Jahrhunderte gefüttert wurde und das nun seinen Tribut fordert. Das System ist immer noch in der Lage, verschiedene Ideologien der Spaltung und Ablenkung hervorzubringen.

Sowohl der linke als auch der rechte Flügel des Kapitals sind dabei tonangebend. Beide wollen die überholte ökonomische Basis erhalten, um am politischen Überbau zu basteln. Wir sagen, das Problem ist die kapitalistische Produktionsweise selbst, die nicht nur ihr Haltbarkeitsdatum überschritten hat, sondern uns langsam aber sicher umbringt. Es mag keine Zukunft geben, wenn die ArbeiterInnenklasse nicht in der Lage ist, ihre Ohnmacht abzuschütteln. Aber unsere Klasse hat noch nie etwas kampflos gewonnen. Und in diesem Kampf können wir das, was wir verloren haben, die Solidarität und das Bewusstsein, das uns alle miteinander verbindet, wiederherstellen. Wir internationalistischen KommunistInnen können euch nichts versprechen, außer dem, was die ArbeiterInnenklasse durch ihren eigenen Kampf gewinnen und festigen kann. Aber was wir tun können, ist, einen Weg nach vorn zu zeigen, eine politische Perspektive anzubieten, die Ursachen von Wirkungen unterscheidet, und das internationalistische Banner hochzuhalten: Eine andere Welt ist nicht nur möglich, sondern notwendig. (Dyjbas)

1) Eine Kurzfassung der Visionen von Elon Musk lässt sich hier besichtigen: handelsblatt.com

Monday, February 8, 2021