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Startseite ›Der seltsame Tod des Osama Bin Laden
Wie Bin Laden wirklich gestorben ist werden wir wahrscheinlich niemals erfahren. Der Einsatz der Navy Seals war schnell, bestimmt und hinterließ keine Spuren. Innerhalb weniger Stunden war der Bunker der Villa gestürmt, das Zielobjekt getötet und die Leiche per Helikopter auf ein Kriegsschiff im Indischen Ozean verfrachtet worden. Die USA wollen uns weismachen dass Bin Laden sogar eine Art islamische Bestattung bekommen hat. Aber warum wurde er nicht einfach festgenommen und vor ein internationales Tribunal gestellt. Warum diese Eile? Und warum wurde kein einziges Bild seiner Ergreifung live ausgestrahlt?
Die Antwort ist denkbar einfach: Der Staatsfeind Nr. 1 musste spurlos verschwinden. Ein öffentlicher Prozess hätte eine ganze Reihe an Dingen ans Licht gebracht die wenig schmeichelhaft für die US Geheimdienste, die Clinton – wie der Bush-Administration gewesen wären. Dies wäre auch dem Image der Obama-Administration wenig zuträglich gewesen. Bekanntlich wurde Osama Bin Laden von der CIA über 12 Jahre, von 1979 bis 1992 als Koordinator und Ausbilder des islamischen Fundamentalismus ((Al Kaida wurde 1988 in Afghanistan gegründet) auf der afghanischen Bühne gegen die Sowjetunion eingesetzt. Die Taliban wurden maßgeblich vom pakistanischen Militärgeheimdienst ISI aufgebaut und von Washington, Saudi Arabien und dem Unternehmen Unocal finanziert, welches stark in die Ausbeutung der Öl-und Gasvorkommen Kasachstan und anliegender Länder involviert ist.
Afghanistan wurde als strategisch wichtiges Gebiet für den Bau von Pipeline-Projekten gesehen, um so konkurrierende Staaten wie bspw. Russland und den Iran abzuschneiden. Mit dieser Perspektive haben die vorherigen amerikanischen Regierungen die Mudschaheddin um Rabbani und Sha Massoud unterstützt, um dann den Fokus verstärkt auf die Taliban zu legen. Als diese Karte ausgespielt war, wandten sie sich wieder der Unterstützung der alten Mudshaheddin-Cliquen zu, was letztendlich zur Einsetzung der Karzai-Regierung führte.
Auch wenn eigentlich alles nach Plan verlief, hatten die USA zwei „unabhängige“ Variablen nicht richtig in Betracht gezogen: Erstens den Ahmed Shah Massoud der vor der Offensive gegen die Taliban ermordet wurde, da er sich nicht ein zweites Mal benutzen lassen wollte, und zweitens den international agierenden Bin Laden der nach dem ersten Golfkrieg von den USA gesponsert wurde, dann aber aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage der USA und anderer imperialer Projekte sträflichst vernachlässigt wurde. Der exakt kalkulierte Zugriff in Pakistan bescherte der Obama-Administration nun einen dringend benötigten Prestigegewinn. Der amtierende Präsident konnte bis jetzt keines seiner Wahlversprechen umsetzten. Nach niedrigsten Umfragewerten stieg seine Beliebtheitsgrad nach dem schicksalhaften 2. Mai jedoch wieder um 10 Punkte an. Angesichts dieses Imagegewinns in der öffentlichen Wahrnehmung ließen sich auch die imperialistischen Ambitionen der USA in Asien wieder besser ins Spiel bringen. Ambitionen denen in den letzten Jahren der Bus-Adminstration und den verheerenden Folgen der Wirtschaftskrise immense Schwierigkeiten entgegenstanden. Obama stellte den Tod des Staatsfeindes Nr. 1 zwar als bedeutenden Sieg dar, betonte allerdings gleichzeitig dass der Kampf gegen den Terrorismus weitergehen müsse. Der Rückzug aus Afghanistan soll zwar wie geplant 2014 stattfinden – allerdings nur wenn es der afghanischen Regierung (der nicht notwendigerweise ein Karzai vorstehen muss), gelingt das Land einigermaßen zu kontrollieren. Teile des Pentagons sehen das anders und plädieren dafür länger in Afghanistan zu verbleiben. Doch wie die Dinge sich auch entwickeln werden, es werden auch weiterhin bedeutende militärische Kontingente in der Nähe Pakistans notwendig sein, um die Interessen Washingtons in der Region durchzusetzen. Auch wenn es seit Jahrzehnten eine strategischer Verbündeter und Dreh-und Angelpunkt für die imperialistische Politik der USA in der Region ist, gilt Pakistan seinen Schirmherrn als unsicherer Kantonist. Probleme gab es schon während der Regierungszeit von Musharraf und der gegenwärtige Präsident Zardari hat seine Haltung kaum geändert. Mehr als einmal hat die Zweideutigkeit der pakistanischen Regierung in Sachen Terrorismusbekämpfung auf Seiten der USA zu ernsthaften Irritationen und offenen Klagen geführt. Washington zeigte sich mehr als verärgert darüber dass die Milliarden Dollar die nach Islamabad flossen, nicht zielgerecht eingesetzt und diverse Vereinbarungen nicht eingehalten wurden. So sollte die Operation die zur Festnahme und Tötung Osamas führte auch Stärke demonstrieren. Der massive Einsatz von Kräften (allein vier Hubschrauber, zwei Drohnen, dutzende Kräfte von Spezialkräften, permanente Verbindung zu den Seestreitkräften im Indischen Ozean usw.) lag in erster Linie die Befürchtung zugrunde das der ISI und die pakistanischen Streitkräfte die Operation erschweren, oder gar Bin Laden zur Flucht verhelfen könnten. Es ist schwer vorstellbar das Bin Laden über Jahre in seiner Villa siebzig Meter von Armeekasernen gewohnt hat, und führende Stellen der Geheimdienste bzw. der Politik in Islamabad nichts von seiner Anwesenheit wussten.
Doch mehr als die sog Terrorismusbekämpfung“ macht den USA das Vorrücken Chinas in die Region Sorgen. Seit Jahren baut Peking seinen Einfluss in der afghanischen Region Kunduz aus, einem Gebiet indem es (in bescheidenen Maße) Öl-und Gasvorkommen aber auch Kupfer und Eisenminen gibt. Während der amerikanische Imperialismus auf militärische Operationen zur Stützung der korrupten Karzai -Regierung setzte, hat China 3.5. Milliarden Dollar investiert, um (im Einvernehmen mit der afghanischen Regierung) die Mineral und Energieressourcen abschöpfen zu können. Dasselbe passierte in der pakistanischen Region Belutschistan, einer der ergiebigsten Abbaugebiete des Landes. China investierte 2.5 Milliarden Dollar in den Ausbau des Hafens von Gwadar, der als Drehscheibe für den Öltransport im Indischen Ozean werden soll. (1)
Dazu kommt noch Chinas explizite Unterstützung Pakistans gegen Indien (…). Es ist nicht überraschend dass das Wall Street Journal vor einigen Monaten berichtete, dass Präsident Zardari seinen afghanischen Amtskollegen Karzai davon zu überzeugen versuchte das Bündnis mit den USA zugunsten eines einträglicheren und sicheren mit China zu beenden. Derselbe Zardari der seit seinem Amtsantritt 2008 allein fünf Staatsbesuche nach Peking absolvierte, bei denen er wohl nicht nur Tourismusausflüge in die „Verbotene Stadt“ unternahm. Die strategische Achse Kabul-Islamabad, die einst unter der absoluten Kontrolle der USA war, wird nun mehr und mehr von China unterminiert. Bei diesem Spiel geht es um die Energieressourcen, strategisch wichtige Routen für Öl-und Gas-Pipelines und nicht zuletzt um produktive Investitionsmöglichkeiten zu kümmerlichen Löhnen. In den gegenwärtigen inner-imperialistischen Auseinandersetzungen scheint das Glück der USA zunehmend zu schwinden. Mit seiner neuen Linie zielt Obama darauf ab mit sanfteren Methoden verlorenes Terrain wieder wettzumachen. Dies steht in starken Kontrast zu seinem Vorgänger, allerdings verfolgt er dieselben strategischen Zielsetzungen. Er tut nicht mehr und macht auch nichts besser als dieser. Angesichts der Interventionskriege die bisher desaströs und wirtschaftlich äußerst kostspielig waren, muss er jedoch den „Revolutionen“ im Mittleren Osten Rechnung tragen, die Palästinensische Frage wieder aufwerfen, und zwei Milliarden Dollar aufbringen, um jeden dazu zu bringen die Schirmherrschaft Washingtons in diesem Spiel zu akzeptieren. Die Musik mag sich leicht geändert haben, aber der Dirigent ist immer noch der gleiche.
Auch ohne Bin Laden werden die imperialistischen Manöver weitergehen. Insbesondere angesichts der Auswirkungen einer tiefen Wirtschaftskrise können die Kapitalisten nicht tatenlos zusehen, wie die Widersprüche des Systems explodieren. Sie müssen Wege finden, um die internationale Arbeiterklasse für die Krise zahlen zu lassen, um so ihr eigenes Überleben zu sichern – auch wenn dies mit wachsender Armut und Verelendung von immer mehr Menschen verbunden ist.
FD(1) Siehe dazu den Artikel in der Financial Times “Islamabad Military Shopping List Grows” (23 May 2011).
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