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Beim Kampf gegen den imperialistischen Krieg gibt es keine Alternative zum Internationalismus und revolutionären Defätismus - Aus: Battaglia Comunista März 1999
Gemäß den bürgerlichen Intellektuellen, Politikern und Medien hat der Zusammenbruch der Sowjetunion der Menschheit eine beispiellose Periode des Friedens und des Wohlstands gebracht. Unmittelbar nach dem Fall der Berliner Mauer wurde allgemein prognostiziert, jetzt seien nur noch Zusammenstöße zwischen „verschiedenen Zivilisationen" möglich.
Sie nennen die jeweils stattfindenden Kriege je nach Umständen und Ort ihres Auftretens bald Religionskriege, bald Kriege für die Autonomie dieser oder jener Region, bald Stammeskriege und alle zusammen lokale Kriege, um auszudrücken, dass es sich um begrenzte Episoden handelt, Ergebnisse der inneren Gegensätzen der betroffenen Gebiete und ohne jede Beziehung zur Krise des kapitalistischen Akkumulationszyklus auf Weltebene. Doch es genügt, auf eine geographische Karte zu schauen, um zu bemerken, dass in Wirklichkeit dieser makabre Lärm von gebrochenen Knochen, den die Kriegsmaschine ohne Unterlass hervorbringt, niemals das Ergebnis der Verschiedenartigkeit der verschiedenen „Zivilisationen" ist, welche die menschliche Geschichte glücklicherweise bis heute hervorgebracht hat.
Eine ein wenig aufmerksamere Analyse als jene, die uns täglich von der internationalen Bourgeoisie vorgelegt wird, kann nicht verhüllt lassen, dass es sich um Konflikte handelt, die fast immer denselben gemeinsamen Nenner haben: das Erdöl und seine Zugänge. Und bei den wenigen Ausnahmen geht es um die Kontrolle irgendeines anderen Rohstoffs oder irgendeiner besonderen Produktion, wie es in Somalia der Fall war mit der Kontrolle des Bananenmarktes.
Das Erdöl, die Kontrolle der Rohstoffe, die Zusammenstöße bei der Eroberung der Märkte haben auch in der Vergangenheit zu einer unendliche Anzahl von Kriegen geführt, von denen manche größer waren als die, die heute im Gange sind. Das führt bei der politischen Linken, auch bei Gruppen, die uns aus Tradition näher stehen, entweder zur Feststellung, dass alles schon da gewesen ist und es nichts Neues unter der Sonne gibt, und / oder zur Behauptung, dass die von den Parteien der Zweiten und der Dritten Internationale angenommenen Analysen, Ordnungsparolen, Taktiken und Strategien noch aktuell sind, wobei sie gleichzeitig aber die noch immer größte Lektion der leninistischen Erfahrung ignorieren, welche aus einer richtigen Analyse des Imperialismus die kohärenteste Opposition gegen den Krieg ableitet: die Praxis des rigorosen und konsequenten revolutionären Defätismus.
In der modernen imperialistischen Herrschaft ist die Kontrolle der Erdölrouten, des Erdöls selbst wie der wichtigsten Rohstoffe wichtig nicht nur deshalb, weil sich die Metropolen damit die Versorgung zu niedrigen Kosten sichern, sondern vor allem, weil man mittels dieser Kontrolle den Prozess der Preisbildung beim Erdöl und bei anderen Rohstoffen und damit die Prozesse der Bildung und Aneignung der Finanzrente bestimmen kann.
Weil die Zahlungen auf den Erdöl- und Rohstoffmärkten, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht im Geld der Erzeugerländer, sondern in den sogenannten starken Währungen, vor allem in Dollar, getätigt werden, und weil sich die Geldmärkte zu einem einzigen großen Weltmarkt globalisiert haben, haben die, die diese Gelder besitzen und lenken, ein Herrschaftsinstrument von unglaublicher Wirksamkeit und Macht: Es genügt eine geringe Schwankung des Erdölpreises - und enorme Massen von Reichtum wandern von einer Tasche zur anderen, ohne dass ein einziger Tropfen des schwarzen Goldes verschoben worden wäre.
Aus diesem Grund gibt es viele, die denken, dass, da ja die Dollars aus den USA sind, der Feind die Amerikaner sind. Das System in seiner Globalität aus den Augen verlierend, vertreten sie jene unglückselige These, gemäß der man zwischen den verschiedenen Zentren des Imperialismus je nach ihrer Stärke unterscheiden muss. So müsse etwa im Krieg zwischen den westlichen Alliierten und dem Irak das Proletariat des Irak in letzter Instanz die „eigene" Bourgeoisie unterstützen. Der Antiamerikanismus wird so automatisch zum Antiimperialismus, und die gesellschaftlichen Klassenteilungen werden verwässert, bis sie sich in Kategorien wie „das irakische Volk", „die arabischen Massen" oder sogar „die islamischen Massen" auflösen. Kürzlich hat einer dieser Kartenspiel-Strategen, in antiamerikanischer Stoßrichtung, den Erfolg eines „authentischen islamischen Dschihad" beschworen. Da „der Dschihad, der heilige Krieg, ...eine permanente Pflicht ist bis zu dem Tag, an welchem die ganze Welt ... in die Gewalt des moslemischen Staates fallen wird" (Enc. Treccani Band XIX, 1949), wäre das in der Tat die Verurteilung zur ewigen Unterwerfung unter die Gesetze der kapitalistischen Ausbeutung.
Seit dem Eintritt der früheren Sowjetunion ins Feld des Imperialismus (ca. 1935. Anm.) ist endgültig jede Möglichkeit ausgeschlossen, dass ein Krieg zwischen einer nationalen Bourgeoisie und einem der beiden Zentren des Imperialismus, wenn dieser Krieg nicht in einen revolutionären Krieg umgewandelt wird, etwas anderes bewirken könnte als die Stärkung des einen oder des anderen imperialistischen Blocks. Das ist heute noch wahrer geworden. Denn durch die Verstärkung der Mechanismen der parasitären Aneignung des Mehrwerts ist es den lokalen Bourgeoisien und in besonderer Weise den Bourgeoisien der Ölländer möglich, sich strukturell in diese Mechanismen einzufügen, voll daran zu partizipieren und dessen Früchte ebenso zu genießen wie die Bourgeoisie der imperialistischen Metropole.
Von der Erhöhung des Ölpreisniveaus, die sich zum Beispiel aus dem Embargo gegen den Irak ergibt, ziehen weite Teile der irakischen Bourgeoisie ansehnliche Profite, und sicher treffen der Hunger und die fortschreitende Verarmung im Irak nicht Saddam Hussein und seinen Clan. Deshalb ist es irreführend, von den „arabischen" oder „islamischen Massen" als einer unterschiedslosen Einheit, die der Krieg einheitlich treffe, zu sprechen. Der Krieg trifft vor allem das Proletariat dieser Länder und in der Folge das Proletariat der ganzen Welt, welches dazu angehalten ist, den Mehrwert zu produzieren, von welchem sich die Finanzrente ableitet.
Der Mechanismus ist so wirkungsvoll, dass keine Bourgeoisie auf der Welt ein Interesse hat, ihn zu zerstören, denn ohne ihn käme es zu einer totalen Blockierung des Prozesses der Kapitalakkumulation auf Weltebene, und paradoxerweise und im Gegensatz zu dem, was bis in die ersten Jahrzehnte dieses Jahrhunderts der Fall war, haben gerade die Bourgeoisien der nicht industrialisierten oder peripheren Länder ein starkes Interesse an der Aufrechterhaltung dieses Mechanismus. Die Bourgeoisien der metropolitanen Länder hingegen sind nicht allein auf die Finanzrente angewiesen, sie können sich auch auf mächtige Industrien stützen. Und die Bourgeoisien der rückständigeren Länder wissen genau, dass bei den niedrigen Profitraten von heute ein Industrialisierungsprozess ihrer Wirtschaft, der schon in der aufsteigenden Phase der kapitalistischen Akkumulation gescheitert ist, nicht die geringste Aussicht auf Erfolg hat und dass sie nur durch Investitionen auf den Dollar-Finanzmärkten - und von jetzt an auch auf den Euro-Märkten - mittels Verkauf von Erdöl ihre Profite und ihr Kapital vergrößern können. Das wurde durch die Krise bestätigt, die die sogenannten asiatischen Tiger mit sich gerissen hat, und vorher noch durch die Schuldenkrise, die den ganzen afrikanischen Kontinent, den mittleren Orient und Lateinamerika in die Knie gezwungen hat. In allen diesen Situationen hat sich gezeigt, dass der Großteil der örtlichen Investitionen der Spekulation in allen ihren Formen diente, während produktive Prozesse nur dort in Gang gesetzt wurden, wo es möglich war, die gewalttätigsten und extremsten Formen der Ausbeutung anzuwenden, und dies geschah vor allem durch die großen transnationalen Konzerne.
Die lokalen Kriege reflektieren somit ausschließlich und immer die innerimperialistischen Zusammenstöße beim Kampf um die Kontrolle des Prozesses der Bildung, Verwaltung und Verteilung der Rente auf Weltebene und dienen somit der Erhaltung des Systems. Wer das nicht erkennt oder seine Einschätzung davon abhängig macht, ob die eingesetzten Bomben Us-amerikanischer, europäischer, iranischer oder saudischer Herkunft sind, erkennt nicht die klassenmäßige Bedeutung dieser Konflikte und verzichtet von vornherein auf jeden Versuch, die Grundlagen der modernen imperialistsichen Herrschaft zu bedrohen.
Die Krise des kapitalistischen Akkumulationszyklus, die sich seit Anfang der 70er-Jahre manifestierte, die Globalisierung der Wirtschaft, die daraus folgte, die Überproduktion von Scheinkapital im Verhältnis zur Ausweitung der Rente, die Aushebelung und Globalisierung des Arbeitsmarktes haben endgültig eine historische Phase abgeschlossen und eine neue Phase eröffnet, in welcher es zum Internationalismus und revolutionären Defätismus keine Alternative gibt außer der Hinnahme einer Welt, in welcher man sich außer ans Elend an die soziale Verschlechterung auch an jenen ununterbrochenen Lärm von zerbrochenen Knochen gewöhnen muss, der vom imperialistischen Krieg in jeder Ecke des Planeten erzeugt wird.
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