Die Kommunistische Gesellschaft - Wert, Arbeit und Zeit: Eine Replik auf Gilles Dauvé

In allen gesellschaftlichen Produktionssystemen sind die gesellschaftlichen Beziehungen der Produktion grundlegend, während sich die der Verteilung daraus ableiten. Das bestimmende Merkmal der kommunistischen Gesellschaft wird sein, dass kommunistische (oder sozialistische)(1) Produktionsverhältnisse herrschen. Sobald die kommunistischen Produktionsverhältnisse entwickelt sind, werden die kommunistischen Verteilungsverhältnisse folgen. Ein Großteil der jüngsten Diskussion über den Übergang zur kommunistischen Gesellschaft hat sich auf das System der Verteilung in den unteren Phasen des Kommunismus konzentriert, als ob dies die Schlüsselfrage wäre, während es sich in Wirklichkeit um eine nachgeordnete Frage handelt. Wie Marx anmerkt:

Der gemeinschaftliche Charakter der Produktion würde von vornherein das Produkt zu einem gemeinschaftlichen, allgemeinen machen. Der ursprünglich in der Produktion stattfindende Austausch — der kein Austausch von Tauschwerten wäre, sondern von Tätigkeiten, die durch gemeinschaftliche Bedürfnisse bestimmt wären, durch gemeinschaftliche Zwecke — würde von vornherein die Teilnahme des einzelnen an der gemeinschaftlichen Produktenwelt einschließen. [...] Auf dieser Grundlage wäre sie als solche gesetzt vor dem Austausch; d. h., der Austausch der Produkte wäre überhaupt nicht das Medium, wodurch die Teilnahme des einzelnen an der allgemeinen Produktion vermittelt würde.(2)

Sobald die Produktionsverhältnisse gemeinschaftlich werden, werden auch die Produkte gemeinschaftlich. Sie sind gemeinsames Eigentum der freien Assoziation der Produzenten, und im vollen Kommunismus werden sie auf der Grundlage des Bedarfs kostenlos verteilt werden. Die Verteilung von Produkten ist das Ergebnis der Produktionsbedingungen selbst. Wie Marx in seiner Kritik des Gothaer Programms betont:

Die jedesmalige Verteilung der Konsumtionsmittel ist nur Folge der Verteilung der Produktionsbedingungen selbst; letztere Verteilung aber ist ein Charakter der Produktionsweise selbst. Die kapitalistische Produktionsweise z.B. beruht darauf, daß die sachlichen Produktionsbedingungen Nichtarbeitern zugeteilt sind unter der Form von Kapitaleigentum und Grundeigentum, während die Masse nur Eigentümer der persönlichen Produktionsbedingung, der Arbeitskraft, ist. Sind die Elemente der Produktion derart verteilt, so ergibt sich von selbst die heutige Verteilung der Konsumtionsmittel.(3)

Um die Produktionsweise zu ändern, muss der Charakter der Arbeit selbst verändert werden. Die Lohnarbeit, die ein bestimmendes Merkmal des Kapitalismus ist, muss abgeschafft werden. Nach dem System der Lohnarbeit besitzt ein Arbeiter (bzw. eine Arbeiterin, wie im obigen Zitat ausgeführt, nichts anderes als seine Arbeitskraft. Im Kapitalismus nimmt diese Arbeitskraft die Form einer Ware an, die der Arbeiter (die Arbeiterin) gegen Löhne eintauschen muss, die wiederum gegen Nahrung, Unterkunft und andere Konsumtionsmittel eingetauscht werden. Diese dienen dazu, die Arbeitskraft des Arbeiters (der Arbeiterin) zu reproduzieren und den Zyklus neu beginnen zu lassen. Die eigentliche Arbeit, die von der Arbeitskraft der ArbeiterInnen produziert wird, gehört jedoch der Kapitalistenklasse. Die Arbeit ist in den Produkten des Produktionsprozesses enthalten. Wenn diese Produkte ausgetauscht werden, werden sie zu Waren, und die abstrakte Arbeit, die in ihnen enthalten ist, wird ihnen als ihr Wert beigemessen. Arbeit nimmt in diesem Prozess die Form des Wertes an.

Da die Arbeit der ArbeiterInnen in den produzierten Waren verkörpert wird und diese Eigentum der kapitalistischen Klasse sind, wird die Arbeit auch Eigentum der Kapitalistenklasse. Dieser Prozess ist einer, in dem die Arbeit der ArbeiterInnen entfremdet wird. Marx weist darauf hin, dass die Arbeit unter den kapitalistischen Produktionsverhältnissen nur deshalb zu gesellschaftlicher Arbeit werden kann, weil sie entfremdet ist. In Zur Kritik der Politischen Ökonomie schreibt er:

Die Waren sind unmittelbar Produkte vereinzelter unabhängiger Privatarbeiten, die sich durch ihre Entäußerung im Prozeß des Privataustausches als allgemeine gesellschaftliche Arbeit bestätigen müssen, oder die Arbeit auf Grundlage der Warenproduktion wird erst gesellschaftliche Arbeit durch die allseitige Entäußerung der individuellen Arbeiten.(4)

Diese Entfremdung bzw. Entäußerung der Arbeit lässt sie zu „abstrakter Arbeit" werden. In der gleichen Schrift kritisiert Marx den Vorschlag von Benjamin Franklin, anstelle von Metallgeld Arbeitszeit zu verwenden. Marx stellt fest, dass Arbeit nur dann als Wertmaßstab dienen kann, wenn sie entfremdete Arbeit ist:

Da [Franklin] aber die im Tauschwert enthaltene Arbeit nicht als die abstrakt allgemeine, aus der allseitigen Entäußerung der individuellen Arbeiten entspringende gesellschaftliche Arbeit entwickelt, verkennt er notwendig Geld als die unmittelbare Existenzform dieser entäußerten Arbeit.(5)

Geld stellt abstrakt gesehen den Tauschwert der Arbeit dar und kann dies nur tun, da es die Verkörperung der entfremdeten Arbeit ist.

In der kommunistischen Gesellschaft muss die Arbeit direkt gesellschaftlich sein und gesellschaftliche Produkte hervorbringen, die auf der Grundlage gesellschaftlicher Bedürfnisse frei verteilt werden. Arbeit wird daher gesellschaftliche Gebrauchswerte, aber keine Tauschwerte produzieren. Arbeit kann daher nicht die Form von Wert annehmen, noch können die Produkte der Arbeit die Form von Waren annehmen. Wenn Arbeit nicht die Form von Wert annehmen kann, kann Geld nicht als Umlaufmedium existieren. Die Prämisse, dass Arbeit im Kommunismus nicht die Form des Wertes annehmen kann, ist ein fundamentaler Grundsatz des Marxismus. Wenn die Arbeit die Form des Wertes annimmt, wird die neue Gesellschaft eine Art Kapitalismus bleiben, wie es in Russland und all seinen späteren Nachahmern der Fall war. Dieses Axiom kommt allgemein in der Aussage zum Ausdruck, dass in der kommunistischen Gesellschaft das Wertgesetz nicht mehr gelten wird.

Obwohl dies grundlegende Lehren des Marxismus sind, behaupten verschiedene Kritiker der Schriften von Marx über die zukünftige kommunistische Gesellschaft, dass seine Konzeption dieser Gesellschaft die Wertform bewahren würde. Sie sei bestenfalls widersprüchlich und würde schlimmstenfalls auf neue Formen des Kapitalismus hinauslaufen. Das Wertgesetz würde also bewahrt werden. Dass ein so durchdringender Analytiker des Wertes wie Marx einen so grundlegenden Fehler gemacht haben soll, ist unplausibel, aber natürlich nicht unmöglich. Deshalb ist es notwendig, die Grundlage dieser Kritiken zu überprüfen. Das Folgende stützt sich auf einen dieser Kritiker, Gilles Dauvé und seinen Text "Value, Time and Communism".(6)

Gebrauchswert und Tauschwert

Gilles Dauvé argumentiert, dass Marx hinsichtlich der Abschaffung des Wertes konfus gewesen sei und kritisiert Marx Sichtweise von Arbeit und Arbeitszeit. Er stellt zu Recht fest, dass Marx eine kommunistische Gesellschaft will, in der die Produktion eine Produktion von Gebrauchswerten ohne Tauschwerte ist. Obwohl Gilles Dauvé anerkennt, dass Marx sich darüber im Klaren war, dass das Wertgesetz der wesentliche Bestimmungsfaktor von Tauschwerten ist, behauptet er, dass seine Vorschläge für eine postkapitalistische Gesellschaft auf eine Beibehaltung des Wertgesetzes hinausliefen.

Gilles Dauvé entwickelt zwei Hauptargumente, um diese These zu stützen:

Sein erstes Argument ist, dass Marx den Wert nach Abschluss der Produktion auf dem Markt, nicht aber im Produktionsprozess entstehen sah.

[Marx] beschreibt den Prozess so, als ob der Wert, anstatt aus einer ganz bestimmten Art der Produktion geboren zu werden, nach dem produktiven Moment käme und sich der Arbeit als äußerer Zwang auferlegte.(7)

Er argumentiert, dass, da der Wert in der Produktion entstehe, jede Arbeit notwendigerweise einen Wert und damit einen Tauschwert produziere. Weiter stellt er fest, dass Marx erklärt:

Arbeit [ist] […] eine von allen Gesellschaftsformen unabhängige Existenzbedingung des Menschen.(8)

Wenn dies der Fall ist, folgt daraus, dass die kommunistische Gesellschaft Arbeit braucht. Wenn die kommunistische Gesellschaft Arbeit braucht, dann wird im Arbeitsprozess Wert produziert werden, und das Wertgesetz wird wirken. Wenn das Wertgesetz wirkt, wird das Produktionssystem direkt zur kapitalistischen Produktion zurückführen. Er behauptet in dem oben erwähnten Text, dass Marx somit nicht die

Abschaffung des Kapital/Arbeit Verhältnisses, sondern nur die Arbeit vom Kapital befreien wollte (9)

Gilles Dauvé will, dass der Kommunismus die Arbeit selbst beseitigt, und behauptet, dass dies die Ansicht des jungen Marx in den 1840er Jahren gewesen sei, die jedoch vom älteren Marx der 1870er Jahre zurückgewiesen wurde.

Um diese These zu unterstützen, zitiert er aus Die deutsche Ideologie:

die kommunistische Revolution [richtet] sich gegen die bisherige Art der Tätigkeit [...], [beseitigt] die Arbeit [...] und die Herrschaft aller Klassen mit den Klassen selbst.(10)

Während es in der Kritik des Gothaer Programms heißt:

In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen - erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!(11)

Die zweite Argumentationslinie, die Gilles Dauvé vorbringt, ist eine theoretische. Dauvé impliziert, dass Marx einen theoretischen Fehler gemacht habe, als er sich vorstellte, dass der Tauschwert abgeschafft werden könnte, ohne den Gebrauchswert abzuschaffen. Der Tauschwert, behauptet Dauvé, umfasse den Gebrauchswert:

Aber der Gebrauchswert ist eine analytische Kategorie, die dem Tauschwert sowohl entgegengesetzt ist als auch von ihm umschlossen wird: Es ist unmöglich, das eine abzuschaffen, ohne das andere abzuschaffen.(12)

Da der Gebrauchswert eine analytische Kategorie ist, muss der Tauschwert, der ihn umfasst, ebenfalls eine analytische Kategorie sein und kann folglich nicht abgeschafft werden, ohne den Gebrauchswert abzuschaffen.

Beide Argumente sind falsch.

Das erste Argument, beginnt mit der Prämisse, dass Marx den Wert im Prozess der Zirkulation, d.h. im Markt, entstehen sah. Diese Prämisse ist schlicht und einfach falsch. Das grundlegende Postulat der Arbeitswerttheorie ist, dass Werte durch die Arbeitszeit bestimmt werden, und Arbeitszeit die Zeit ist, die für die Produktion aufgewendet wird. Was der Markt tut, ist, Wert in Tauschwert umzuwandeln, indem er Waren, in Hinblick auf ihren abstrakten Wert, in Beziehung zueinander setzt. Marx zeigt im ersten Kapitel des Kapitals, dass Tauschwerte Kristallisationen „unterschiedsloser menschlicher Arbeit“ sind. Der Tauschwert ist die „Erscheinungsform“ der abstrakt menschlichen Arbeit und wird durch die Arbeitszeit gemessen. Wert wird eindeutig als in der Produktion geschaffen gesehen und wie Marx feststellt,

wird [es] offenbar, daß nicht der Austausch die Wertgröße der Ware, sondern umgekehrt die Wertgröße der Ware ihre Austauschverhältnisse reguliert.(13)

Im Kapitalismus setzt der Markt verschiedene Arten von Arbeit miteinander gleich, indem er sie auf abstrakt menschliche Arbeit reduziert. Eine bestimmte Menge an Weberei ist gleich einer bestimmten Menge an Fischerei usw., und dieses Verhältnis ist das, was der Markt manifestiert. Der Wert der Arbeit, die in den Produktionsprozess eingeflossen ist, gerinnt in den produzierten Waren. Wenn diese Waren auf den Markt gebracht werden, erfüllt der Markt die gesellschaftliche Funktion, verschiedene Arbeitstätigkeiten miteinander in Beziehung zu setzen. Er tut dies, indem er jeder Ware einen Tauschwert zuteilt, der entsprechend der Menge in ihr festgeronnener abstrakten menschlichen Arbeit ist. Die Summe der gesellschaftlichen Gesamtarbeit wird folglich durch den Markt aufgeteilt, und die menschlichen Aktivitäten werden durch die Tauschwerte, die der Markt den Waren zuweist, miteinander in Beziehung gesetzt. Entgegen der Behauptung Gilles Dauvés beharrt Marx darauf, dass Wert in der Produktion durch Arbeit produziert wird. Der Markt bildet die Rolle der Gleichsetzung verschiedener Arten von Arbeit, indem er alles auf das Maß abstrakt menschlicher Arbeit reduziert. Wenn abstrakt menschliche Arbeit nicht in den Waren existierte, wenn diese Waren auf den Markt gebracht würden, könnte der Markt sie nicht gleichsetzen.

Gilles Dauvé behauptet, dass Marx das Kapital/Arbeit Verhältnis nicht abschaffen wollte. Dies ist eine so seltsame Aussage, dass man nur zu dem Schluss kommen kann, dass sie das Ergebnis einer oberflächlichen Betrachtung sein muss. Marx' gesamtes Werk, einschließlich seiner Studie über die kapitalistische Gesellschaft, war auf die Abschaffung der kapitalistischen Gesellschaft und die Abschaffung des Kapital/Arbeit Verhältnisses gerichtet. Marx wollte die Lohnarbeit abschaffen, erkannte aber an, dass Arbeit in allen Formen der menschlichen Gesellschaft gebraucht wurde und auch im Kommunismus gebraucht werden würde. In den „Grundrissen“ unterschied Marx zum ersten Mal zwischen Arbeitskraft und Arbeit. Dies war ein wichtiger theoretischer Fortschritt. Es führte zu seiner Erkenntnis, dass die Arbeitskraft in der kapitalistischen Gesellschaft als eine Ware auftrat, so wie andere Waren einen Tauschwert hatten und auf dem Markt ausgetauscht wurde. Die von dieser Arbeitskraft produzierte Arbeit hatte jedoch, wenn sie in das Produkt der Arbeit eingeschlossen wurde, einen höheren Tauschwert als die Arbeitskraft, die sie produzierte. Dies enthüllt das Geheimnis von Mehrwert und Ausbeutung, das dem Kapitalismus zugrunde liegt. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass Marx, als er seine früheren Werke wie „Die deutsche Ideologie“ schrieb, diese Entdeckung noch nicht gemacht hatte und seine Ideen weniger entwickelt waren.

Wie Gilles Dauvé anmerkte, schrieb Marx in „Die deutsche Ideologie“, dass die Revolution die Arbeit abschaffen wird. Aber obwohl die Unterscheidung zwischen Arbeitskraft und Arbeit noch nicht getroffen wurde, ist es immer noch ganz klar, dass es die Arbeit im Kapitalismus ist, die Lohnarbeit, die Marx abgeschafft sehen möchte. Eine Seite vor dem Zitat, das Gilles Dauvé aufgreift, lesen wir:

durch eine Revolution [...] [streift] das Proletariat alles [ab], was ihm noch aus seiner bisherigen Gesellschaftsstellung geblieben ist. Erst auf dieser Stufe fällt die Selbstbetätigung mit dem materiellen Leben zusammen, was der Entwicklung der Individuen zu totalen Individuen und der Abstreifung aller Naturwüchsigkeit entspricht; und dann entspricht sich die Verwandlung der Arbeit in Selbstbetätigung und die Verwandlung des bisherigen bedingten Verkehrs in den Verkehr der Individuen als solcher.(14)

Aus dem obigen Zitat geht hervor, dass Marx sich eine Gesellschaft vorstellt, in der Arbeit Selbsttätigkeit, Selbstentfaltung und Entwicklung des menschlichen Potenzials bedeutet. In der oben zitierten Kritik des Gothaer Programms zeigt Marx auf, wie einige dieser Dinge erreicht werden könnten. Er spricht von der Beendigung der Arbeitsteilung, dem Verschwinden des Gegensatzes von körperlicher und geistiger Arbeit und einer Situation, in der „alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen“. Wie Marx feststellt, ist Arbeit eine notwendige Voraussetzung für die Existenz der Menschheit, aber die Arbeit in der kommunistischen Gesellschaft wird Arbeit von anderer Qualität sein, Selbstausdruck, Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung statt der antagonistischen, brutalen und geistig entwürdigenden Arbeit des Kapitalismus.

In den späteren Werken ist es deutlicher die Arbeit unter kapitalistischen Produktionsverhältnissen und ihre Existenz als Arbeitskraft, die Marx abgeschafft sehen möchte. In allen seinen Werken kehrt Marx zu seiner hypothetischen Gesellschaft frei assoziierter Produzenten zurück, die gemeinschaftliche Produkte herstellen und deren Arbeit direkt gesellschaftlich ist. Die Arbeit existiert dennoch weiter. Gilles Dauvé sieht alle Arbeit als wertproduzierend, und die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse in der sie existiert als irrelevant an. Er möchte, dass die Arbeit als solche abgeschafft wird.

Es ist jedoch etwas abwegig, in den frühen Schriften von Marx nach Belegen für diese Position zu suchen, wenn seine späteren Studien ihn dazu brachten, präzisere und ausgefeiltere Analysen und demzufolge auch ausgefeiltere Vorschläge zu erarbeiten, was getan werden muss, um den Kapitalismus zu ersetzen.

Auch das zweite von Gilles Dauvé vorgebrachte Argument erscheint seltsam, nicht nur aus der Perspektive der Gesamtwerke von Marx, sondern auch im Hinblick auf das erste Kapitel des ersten Bandes des Kapitals, aus dem Gilles Dauvé selbst in seinem Text ausführlich zitiert. Marx bemüht sich in diesem Kapitel zu zeigen, dass der Tauschwert nicht den Gebrauchswert umfasst, sondern dass er aufgrund der gesellschaftlichen Verhältnisse der kapitalistischen Produktion mit dem Gebrauchswert verbunden ist.

die Wertgegenständlichkeit der Waren [ist] [...] das bloß „gesellschaftliche Dasein" dieser Dinge(15)

Wert ist das Ergebnis der Form, die menschliche Arbeit im Kapitalismus annimmt. Arbeit erscheint als eine Eigenschaft der Waren selbst, da sie eine Form annimmt, die den Austausch von Waren erlaubt. Sie wird als Tauschwert an sie gebunden. Die gesellschaftlichen Beziehungen zwischen Produzenten erscheinen als gesellschaftliche Beziehungen zwischen Waren aufgrund ihrer Tauschwerte. Den Tauschwert als mit dem Gebrauchswert durch die Arbeit im Produktionsprozess verbunden und damit als eine Eigenschaft des Produktes zu betrachten, wie es Gilles Dauvé tut, ist der Fehler. Marx hatte schon Smith und Ricardo für genau dies kritisiert. Es ist das Versäumnis, über den Schein hinauszugehen und den fetischistischen Charakter von Waren zu akzeptieren, der sich aus der kapitalistischen Produktion ergibt.

Am Ende des ersten Kapitels des ersten Bandes des Kapitals betrachtet Marx andere gesellschaftliche Formen, in denen Arbeitsprodukte weder die Form von Waren annehmen noch einen Tauschwert besitzen. Er weist darauf hin, dass Gebrauchswerte, die sich der Mensch selbst schafft, wie es der berühmte Robinson Crusoe tut, keine Waren sind und keinen Tauschwert besitzen. Als weiteres Beispiel führt er den bäuerlich-patriarchalischen Haushalt an, der dem Kapitalismus vorausging. Hier finden wir eine Arbeitsteilung, die zur Produktion von Gebrauchswerten für die Familie führt, aber die Kleidung, Lebensmittel und anderen Produkte sind keine Waren und haben keinen Tauschwert. Das letzte und aus unserer Sicht sicherlich bedeutendste Beispiel ist eine Gesellschaft assoziierter Produzenten. Diese Gesellschaft ist fast identisch mit der, die Marx in seiner Kritik des Gothaer Programms als die untere Stufe des Kommunismus identifizierte. Assoziierte Produzenten produzieren gesellschaftliche Produkte, die zwar Gebrauchswerte sind, aber keine Werte austauschen. In all diesen Beispielen sehen wir von der Arbeit produzierte Gebrauchswerte, denen keine Tauschwerte eingeprägt sind.

Indem Gilles Dauvé sagt, dass der Gebrauchswert eine analytische Kategorie ist, behauptet er, dass eine Analyse der Produkte menschlicher Arbeit zeigen würde, dass sie den Gebrauchswert beinhalten. Philosophisch ausgedrückt enthält das Subjekt, nämlich die Produkte menschlicher Arbeit, das Prädikat Gebrauchswert. Dies ist zwar richtig, aber Gilles Dauvé behauptet dann einfach, ohne Erklärung, dass dieser Gegenstand auch die Eigenschaft Tauschwert enthält. Daraus folgert er, dass die Abschaffung des Tauschwerts nicht ohne die Abschaffung des Subjekts, nämlich der Arbeit, erreicht werden kann. Oder einfach ausgedrückt, nur durch die Abschaffung der Arbeit kann der Tauschwert abgeschafft werden. Gilles Dauvé behauptet daher, dass Marx einen grundlegenden analytischen Fehler begangen habe, als er behauptete, dass Gebrauchswert ohne Tauschwert produziert werden könne. Marx habe nicht erkannt, so meint er, dass sowohl der Gebrauchswert als auch der Tauschwert Eigenschaften der menschlichen Arbeit sind. Es ist zwar unplausibel zu argumentieren, dass Marx, dessen gesamtes Werk durch die philosophischen Studien seines frühen Lebens untermauert wird, einen solch ungeheuerlichen Fehler begangen hätte. Aber hat er diesen Fehler vielleicht tatsächlich begangen? Marx selbst zeigt in den oben angeführten Beispielen, dass die Produkte menschlicher Arbeit nicht unbedingt einen Tauschwert enthalten. Das tun sie nur unter kapitalistischen Produktionsverhältnissen. Der Tauschwert umfasst also weder, wie Gilles Dauvé behauptet, den Gebrauchswert, noch ist er eine analytische Kategorie der Produkte menschlicher Arbeit. Der Tauschwert ist eine gesellschaftliche Kategorie und wird mit neuen gesellschaftlichen Produktionsbeziehungen verschwinden.

Arbeitszeit und freie Zeit

Gilles Dauvé behauptet, dass nicht nur die Arbeit, sondern auch die zeitliche Bemessung der Arbeit dazu führt, dass sich die Arbeit in Form von Wert ausdrückt. Er kommt zum Schluss:

Arbeitszeit ist kapitalistisches Blut. [...] Arbeitszeit ist die Wertsubstanz.(16)

Wenn die Arbeit selbst die Produktion von Wert sichert, wie Gilles Dauvé argumentiert, ist die Frage, wie sie gemessen wird, ziemlich irrelevant. Wie auch immer sie gemessen wird, und selbst wenn sie überhaupt nicht gemessen wird, werden wir am Ende eine Wertproduktion und damit kapitalistische Produktionsverhältnisse haben. Eine solch absurde und ahistorische Position, die die Schlussfolgerung der Argumente von Gilles Dauvé ist, ist natürlich nicht das Ergebnis, das er anstrebt. Seine unausgesprochene Schlussfolgerung ist, dass nur die Arbeit, die nicht an der Zeit gemessen wird, als frei betrachtet werden könnte und zu einer kommunistischen Produktion führen könne. Dies steht natürlich im Widerspruch zu den Schriften von Marx über die postkapitalistische Gesellschaft. In den „Grundrissen“ schreibt Marx:

Gemeinschaftliche Produktion vorausgesetzt, bleibt die Zeitbestimmung natürlich wesentlich. Je weniger Zeit die Gesellschaft bedarf, um Weizen, Vieh etc. zu produzieren, desto mehr Zeit gewinnt sie zu andrer Produktion, materieller oder geistiger. [...] Ökonomie der Zeit, darin löst sich schließlich alle Ökonomie auf. Ebenso muß die Gesellschaft ihre Zeit zweckmäßig einteilen, um eine ihren Gesamtbedürfnissen gemäße Produktion zu erzielen; [...] Ökonomie der Zeit sowohl wie planmäßige Verteilung der Arbeitszeit auf die verschiednen Zweige der Produktion bleibt also erstes ökonomisches Gesetz auf Grundlage der gemeinschaftlichen Produktion. Es wird sogar in viel höherem Grade Gesetz. Dies ist jedoch wesentlich verschieden vom Messen der Tauschwerte (Arbeiten oder Arbeitsprodukte) durch die Arbeitszeit.(17)

Marx hält es für unumstößlich, dass die kommunistische Gesellschaft Planung erfordert und die Arbeit nach einem gesellschaftlichen Plan verteilt werden muss. Um effektiv planen zu können, wird es notwendig sein die Arbeit zu erfassen und das wird durch Arbeitszeit passieren. Er weist auch darauf hin, dass sich dies wesentlich von einer Messung der Tauschwerte nach Arbeitszeiten unterscheidet. Warum ist es wesentlich anders? Es ist wesentlich anders, weil die gesellschaftlichen Beziehungen der Produktion wesentlich anders sind. Die Ähnlichkeit ist nur formal.

Gilles Dauvé ignoriert völlig die gesellschaftlichen Beziehungen, unter denen die Arbeit geleistet wird. Dies führt ihn zu der lächerlichen und zudem wieder ahistorischen Behauptung, dass jede Messung der Arbeitszeit zum Kapitalismus zurückführt. Dies führt ihn außerdem dazu, jede Planung in der kommunistischen Gesellschaft abzulehnen.

Marx sah in der arbeitszeitlichen Planung der Produktion nicht nur ein Mittel, um die Erfüllung der Bedürfnisse der Gesellschaft sicherzustellen, sondern auch um die notwendige Arbeitszeit zu reduzieren und die verfügbare Zeit für die menschliche Entwicklung zu erhöhen, wie das obige Zitat zeigt. Im Kommunismus betrachtet er die Entwicklung der menschlichen Fähigkeiten und Kräfte als Selbstzweck und als den wahren Reichtum der Gesellschaft. Aber diese Ziele werden durch die gesellschaftliche Zuteilung von Arbeitszeit erreicht. Mit dem Fortschreiten der kommunistischen Gesellschaft von den unteren zu den höheren Stufen wird der Gegensatz zwischen direkter Arbeitszeit und freier Zeit, der in der bürgerlichen Gesellschaft existiert, aufgelöst und verschwindet somit. Die direkte Arbeitszeit wird ebenso der Entwicklung des Individuums dienen, wie die verfügbare Arbeitszeit oder „freie Zeit“.

Verteilung des gesellschaftlichen Produktes

Dass die Produktionsverhältnisse grundlegend sind, und sobald sie gemeinschaftlich werden, auch die Verteilungsverhältnisse gemeinschaftlich werden, und dass die gemeinschaftliche Produktion keine Wertproduktion nach sich zieht, macht Marx in seiner „Kritik des Gothaer Programms“ deutlich:

Innerhalb der genossenschaftlichen, auf Gemeingut an den Produktionsmitteln gegründeten Gesellschaft tauschen die Produzenten ihre Produkte nicht aus; ebensowenig erscheint hier die auf Produkte verwandte Arbeit als Wert dieser Produkte, als eine von ihnen besessene sachliche Eigenschaft, da jetzt, im Gegensatz zur kapitalistischen Gesellschaft, die individuellen Arbeiten nicht mehr auf einem Umweg, sondern unmittelbar als Bestandteile der Gesamtarbeit existieren.(18)

Für Marx ist klar, dass nach der Etablierung der Gemeinschaftsproduktion die Arbeit nicht mehr die Form des Wertes annimmt und somit das Wertgesetz nicht mehr existiert. Beim Schreiben über die Anfangsphasen der kommunistischen Gesellschaft, wie sie aus dem Schoß der bürgerlichen Gesellschaft hervorgeht, schlug Marx jedoch vor, dass die Verteilung durch Arbeitszeitscheine oder Arbeitszertifikate kontrolliert werden sollte. Er schlug dies als ein erstes Mittel vor, um die Verhältnisse der Verteilung mit denen der Produktion in Einklang zu bringen.

Demgemäß erhält der einzelne Produzent - nach den Abzügen - exakt zurück, was er ihr gibt. Was er ihr gegeben hat, ist sein individuelles Arbeitsquantum. Z.B. der gesellschaftliche Arbeitstag besteht aus der Summe der individuellen Arbeitsstunden. Die individuelle Arbeitszeit des einzelnen Produzenten ist der von ihm gelieferte Teil des gesellschaftlichen Arbeitstags, sein Anteil daran. Er erhält von der Gesellschaft einen Schein, daß er soundso viel Arbeit geliefert (nach Abzug seiner Arbeit für die gemeinschaftlichen Fonds), und zieht mit diesem Schein aus dem gesellschaftlichen Vorrat von Konsumtionsmitteln soviel heraus, als gleich viel Arbeit kostet.(19)

Ein Großteil der Diskussion über die Übergangsgesellschaft ist in diesem Vorschlag aufgegriffen worden. Er ist von vielen Seiten angegriffen worden, entweder als ein getarntes Geldsystem oder als ein Wertesystem ohne Geld, das das Wertgesetz beibehält. Gilles Dauvé vertritt den zweiten Standpunkt. Diese Kritiken laufen auf das Argument hinaus, dass das System der Verteilung das der Produktion bestimmen wird. Das ist eine Verkehrung der Beziehung zwischen den Verhältnissen der Produktion und denen der Verteilung. Aber ist es dennoch eine Möglichkeit?

Wir haben zuvor argumentiert, dass es in der Frühphase des Kommunismus selbstmörderisch wäre, Geld beizubehalten. Da Geld einen Tauschwert darstellt und da es zirkuliert und akkumuliert werden kann, ist es ein direkter Weg zurück zur kapitalistischen Produktion. Arbeitszeitscheine sind jedoch weder Geld, noch können sie akkumuliert werden. In einer kurzen Textstelle in Band 2 des Kapitals schreibt Marx:

Das Geldkapital fällt bei gesellschaftlicher Produktion fort. Die Gesellschaft verteilt Arbeitskraft und Produktionsmittel in die verschiednen Geschäftszweige. Die Produzenten mögen meinetwegen papierne Anweisungen erhalten, wofür sie den gesellschaftlichen Konsumtionsvorräten ein ihrer Arbeitszeit entsprechendes Quantum entziehn. Diese Anweisungen sind kein Geld. Sie zirkulieren nicht.

Marx ist klar, dass diese Wertmarken nicht mehr Geld sind als eine Theaterkarte.(20) Anstatt die Wertproduktion zu erhalten, ergänzen die Arbeitszeitbelege gesellschaftlich organisierte Produktionsverhältnisse und stellen einen Bruch mit der Wertproduktion dar.

Arbeit in der Übergangsgesellschaft ist keine entfremdete Arbeit

In einer Gesellschaft frei assoziierter Produzenten, die auf dem gemeinsamen Besitz der Produktionsmittel und der Kontrolle des gesamten Produktionsprozesses beruht, ist die Arbeit eines Individuums gesellschaftlich bestimmt. Sie hat unmittelbar gesellschaftlichen Charakter und gehört den frei assoziierten Produzenten selbst. Sie ist daher keine entfremdete Arbeit. Marx hatte gezeigt, dass in früheren historischen Produktionssystemen, in denen die Arbeit nicht entfremdet wurde, sondern Eigentum der ArbeiterInnen blieb, die Arbeit nicht die Form von Wert annahm und den Arbeitsprodukten nicht als Tauschwert zugeschrieben wurde. Arbeit kann nur dann als Wertsubstanz dienen, wenn sie entfremdete Arbeit ist. Folglich wird Arbeit in der von Marx beschriebenen Übergangsgesellschaft nicht die Form des Wertes annehmen, weil sie nicht entfremdet ist und das Wertgesetz nicht gilt.

Durchschnittlich gesellschaftlich notwendige Arbeit wird abgeschafft

Wenn Arbeit nicht die Form von Wert hat, werden auch Produkte nicht die Form von Waren haben. Die Kritiker von Marx behaupten jedoch, dass der tatsächliche Austausch von Arbeitszeit gegen äquivalente Arbeitszeitprodukte auf der Grundlage des Austauschs von Äquivalenzwerten funktioniert und auf eine Beibehaltung des Wertesystems hinausläuft. Der Tauschwert wird, so behaupten sie, sich durch dieses Verteilungssystem zurückschleichen und das sozialistische Produktionssystem untergraben.

Der Austausch von Werten ist jedoch nur formal ähnlich wie im Kapitalismus. Der Inhalt des Austauschs ist völlig anders. In den kapitalistischen Produktionsverhältnissen ist es die abstrakte menschliche Arbeit, die als Wertsubstanz dient, und nur die gesellschaftlich notwendige Arbeit bestimmt den Tauschwert von Waren. Unter dem von Marx skizzierten Verteilungssystem der Arbeitszertifikate basiert der Austausch von Arbeit und Konsummitteln auf der tatsächlichen Arbeitszeit. In den unteren Phasen der kommunistischen Gesellschaft gibt es zwar einen Austausch, aber es handelt sich dabei um einen Austausch von Aktivitäten, die an der tatsächlichen Zeit gemessen werden, nicht an der gesellschaftlich notwendigen Zeit. Die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, die im Kapitalismus den Tauschwert bestimmt, wird es nicht geben. Wenn die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit abgeschafft wird, wird auch die abstrakt menschliche Arbeit, die Bestandteil der gesellschaftlich notwendigen Zeit ist, abgeschafft werden. Die Komponenten Tauschwert, abstrakte Arbeitszeit und gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, wird es nicht mehr geben. Der Tauschwert wird demnach auch nicht mehr existieren, ebenso wie das Geld, weil es abstrakt menschliche Arbeit darstellt.

Arbeit wird unmittelbar gesellschaftlich.

Im Kapitalismus nimmt die Arbeit aufgrund ihres entfremdeten Charakters die Form des Wertes an und der gesellschaftliche Charakter der Arbeit kommt nur dann zum Vorschein, wenn sich Waren auf dem Markt gegenüberstehen. Der gesellschaftliche Charakter der Arbeit ist also indirekt, da er sich erst hinter dem Rücken der Produzenten im Austauschprozess innerhalb des kapitalistischen Marktes manifestiert. So scheint es, dass der gesellschaftliche Charakter der Arbeit zu den Produkten der Arbeit selbst gehört. Wie Marx aufzeigt, sind die gesellschaftlichen Beziehungen im Kapitalismus verrückt. Statt gesellschaftlicher Beziehungen zwischen Produzenten schafft der Kapitalismus gesellschaftliche Beziehungen zwischen Produkten. Im ersten Kapitel von Band 1 des Kapitals schreibt er:

die Privatarbeiten betätigen sich in der Tat erst als Glieder der gesellschaftlichen Gesamtarbeit durch die Beziehungen, worin der Austausch die Arbeitsprodukte und vermittelst derselben die Produzenten versetzt. Den letzteren erscheinen daher die gesellschaftlichen Beziehungen ihrer Privatarbeiten als das, was sie sind, d.h. nicht als unmittelbar gesellschaftliche Verhältnisse der Personen in ihren Arbeiten selbst, sondern vielmehr als sachliche Verhältnisse der Personen und gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen.(21)

Die Kapitalismuskritik von Marx richtet sich in erster Linie gegen die Entfremdung der menschlichen Beziehungen im System. Tote Arbeit in Form von Kapital dominiert lebendige Arbeit, Tauschwert dominiert Gebrauchswert, und abstrakte Arbeit dominiert konkrete Arbeit. Die Welt steht Kopf! In der kommunistischen Gesellschaft, wie sie von Marx beschrieben wird, sind die Dinge wieder richtig gerückt. Hier ist die Arbeit eines Individuums eindeutig Teil der gesellschaftlichen Gesamtarbeit und damit unmittelbar gesellschaftlich. Die Beziehungen sind transparent. Es findet ein Austausch von Aktivitäten statt. So und so viele Stunden einer Art von Arbeit, nach den Abzügen, werden gegen eine äquivalente Menge an Arbeit zur Erzeugung von Nahrung, Unterkunft, Energie usw. ausgetauscht. Die gesellschaftliche Natur der Arbeit ist direkt ersichtlich.

Doppelcharakter der Arbeit abgeschafft

Arbeit im Kapitalismus existiert sowohl als konkrete Arbeit als auch als abstrakte Arbeit. Die konkrete Arbeit ist diejenige, die Gebrauchswerte wie Stahl, Nahrung, Elektrizität usw. produziert, während die abstrakte Arbeit die Tauschwerte dieser Dinge produziert. Die abstrakt menschliche Arbeit ist der Inhalt des abstrakten Wertes. Die Abschaffung des abstrakten Wertes bedeutet daher die Abschaffung der abstrakten Arbeit und so bleibt nur noch die konkrete Arbeit. Die bei der Herstellung von Produkten eingesetzte Arbeit kann daher nicht als Wert dieser Produkte erscheinen. Die Produkte werden so lediglich Gebrauchswerte sein. Wir werden also eine Produktion von Gebrauchswerten ohne die Produktion von Tauschwerten haben. Etwas, was nach Ansicht von Gilles Dauvé unmöglich ist.

Arbeitszertifikate und die höhere Phase des Kommunismus

Arbeitszertifikate als ein Mittel der Verteilung ist etwas, das Marx für die unteren Phasen des Kommunismus, wie er aus der kapitalistischen Gesellschaft hervorgeht, vorgeschlagen hatte. Es ist wichtig zu verstehen, dass es sich hierbei um eine vorübergehende Maßnahme handelt, die als Bindeglied zwischen den Anfangsphasen des Kommunismus und dem vollständigen Kommunismus fungiert. Sie wird in der höheren Phase des Kommunismus verschwinden. Wenn mehr Produkte frei verteilt werden, werden die für den Sozialfonds abgezogenen Arbeitsstunden zunehmen, und die austauschbaren Arbeitsstunden werden abnehmen. Dieses Verteilungssystem ist eine verständliche Überleitung von der unteren Phase in die höhere Phase des Kommunismus. Natürlich werden auch die tatsächlichen Arbeitsstunden abnehmen, sobald, wie Marx es ausdrückt: „alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen".

Im vollständigen Kommunismus wird jede Person entsprechend ihren Fähigkeiten beitragen und jede entsprechend ihren Bedürfnissen erhalten. Eine solche Gesellschaft kann nur nach einer Zeit des radikalen Wandels geschaffen werden, in der die Produktivkräfte umgestaltet werden, um die Bedürfnisse der Menschheit zu befriedigen, der Umweltzerstörung Einhalt geboten und die Überbleibsel der kapitalistischen Gesellschaft beseitigt werden. Viele Kritiker haben auf die Mängel der Übergangsgesellschaft im Allgemeinen und die Verteilungsmethode der Arbeitszertifikate im Besonderen hingewiesen. Marx selbst wies darauf hin, dass die Verteilung nach der Arbeitszeit ungerecht sei, da sie die Bedürfnisse des Einzelnen nicht berücksichtige. Solche Mängel seien eine unvermeidliche Folge davon, dass die neue Gesellschaft aus dem Schoß der kapitalistischen Gesellschaft geboren werden müsse. Es ist jedoch völlig falsch zu argumentieren, wie es Stalin, Trotzki(21) und andere getan haben, dass Marx die Lohnarbeit und die Wertproduktion als unvermeidliches Merkmal der unteren Phase des Kommunismus betrachtete. Die zahlreichen Zitate die wir in diesem Artikel gegeben haben und die entscheidenen Abschnitte in der Kritik des Gothaer Programms beweisen dies noch einmal eindringlich. Stalin und Co versuchten so nur die wahre Natur des russischen Staatskapitalismus zu verschleiern. All dies soll natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nach wie vor eine Vielzahl praktischer Probleme gibt, die die Übergangsgesellschaft lösen muss. Die ArbeiterInnenräte werden ständig darum kämpfen müssen, für die menschlichen Bedürfnisse zu planen, die freie Verteilung von Produkten zu erhöhen und Versuche zur Wiederherstellung der Wertproduktion zu unterbinden. Gegenwärtig haben wir nur eine allgemeine Skizze des Übergangs von der kapitalistischen zur kommunistischen Gesellschaft und einige Hinweise, an denen wir uns orientieren können. Diese Skizze bleibt aber, trotz aller Versuche sie zu diskreditieren, korrekt.(C.P.)

Anmerkungen

(1) Die Begriffe kommunistisch und sozialistisch sind deckungsgleich. Marx und Engels haben sie immer synonym verwendet.

(2) MEW Band 42, „Grundrisse“, S. 104.

(3) MEW Band 19, „Kritik des Gothaer Programms“, S. 22

(4) MEW Band 13, „Zur Kritik der Politischen Ökonomie“, S. 67.

(5) Ebenda S. 42.

(6) Siehe libcom.org

(7) Ebenda.

(8) MEW Band 23, „Das Kapital“, Band 1, S. 57.

(9) Unsere Übersetzung aus: Value, Time and Communism - libcom.org

(10) MEW Band 3, „Die deutsche Ideologie“, S. 69/70.

(11) MEW Band 19, „Kritik des Gothaer Programms“, S. 21.

(12) Unsere Übersetzung aus: Value, Time and Communism - libcom.org

(13) MEW Band 23, „Das Kapital“, Band 1, S. 78.

(14) MEW Band 3, „Die deutsche Ideologie“, S. 68.

(15) MEW Band 23, „Das Kapital“, Band 1, S. 80/81.

(16) Unsere Übersetzung aus: Value, Time and Communism - libcom.org

(17) MEW Band 42, „Grundrisse“, S. 105.

(18) MEW Band 19, „Kritik des Gothaer Programms“, S. 19.

(19) Ebenda, Seite 20.

(20) Marx lobt Owen für das Voraussetzen von unmittelbar vergesellschafteter Arbeit und merkt an, dass das Arbeitsgeld welches Owen für Arbeiter[Innen] vorschlägt, nicht mehr Geld ist als eine Theaterkarte: „Das Arbeitszertifikat konstatiert nur den individuellen Anteil des Produzenten an der Gemeinarbeit und seinen individuellen Anspruch auf den zur Konsumtion bestimmten Teil des Gemeinprodukts.“ [MEW Band 23, „Das Kapital“, Band 1, S. 109/110, Fußnote 50.

(21) MEW Band 23, „Das Kapital“, Band 1, S. 87.

(22) Trotzkis „Verratene Revolution“ als Beispiel: „Die kommunistische Ordnung kann jedoch die bürgerliche Gesellschaft nicht unmittelbar ablösen [...] Im Interesse einer Steigerung der Produktivkräfte ist es erforderlich, zu den gewohnten Normen des Arbeitslohns zu greifen.“ Siehe: marxists.org

Thursday, May 25, 2023