Against Fake Internationalism!

Von der Initiative „No War but the Class War”-Liverpool

Der russische Einmarsch in der Ukraine hat in den Reihen der kapitalistischen Linken Verwirrung gestiftet. Einige haben sich auf die Seite des ukrainischen Widerstands gestellt, andere haben alles der NATO angelastet und viele haben einfach geschwiegen. Was auch immer der Vorwand ist, keine dieser Positionen hat etwas mit dem Internationalismus, wie wir ihn verstehen, gemein.

„Waffen für die Ukraine jetzt!": Ein Aufruf zum Krieg

Ein Slogan, der bei vorgeblichen Anti-Kriegs-Demonstrationen in Europa und den USA häufig zu hören ist, lautet „Bewaffnet die Ukraine jetzt". Die Prämisse ist, dass die angegriffene Ukraine jede militärische Unterstützung bräuchte, um sich zu verteidigen. Diese Position ist nicht zuletzt deshalb so populär, weil sie von den bürgerlichen Medien im Westen lauthals propagiert wird. Und in der Tat bewaffneten die NATO-Länder die Ukraine, noch bevor der russische Einmarsch begann. Die britische Regierung war mehr daran interessiert, Panzerabwehrraketen, Munition, Luftabwehrsysteme und andere militärische Ausrüstung in die Ukraine zu schicken, als ukrainische Flüchtlinge aufzunehmen. Die Liberalen und Linken, plappern in Wirklichkeit nur chauvinistische Propaganda nach, selbst wenn sie ernsthaft glauben, dass dies zur Beendigung des Krieges beitragen könne. Die Aggression Russlands und die Unterstützung der NATO für die Ukraine führen nicht zur Beendigung des Konflikts, sondern schaffen die Voraussetzungen für einen verallgemeinerten Krieg in naher Zukunft.

Es gibt andere Linke, die den ukrainischen Widerstand (zu dem natürlich auch die extreme Rechte gehört) differenzierter betrachten und möchten, dass nur bestimmte Gruppen Spenden und Ausrüstung erhalten. Zu den Kandidaten für eine solche Unterstützung gehören angebliche „antiautoritäre" Formationen, die mit anarchistischen Bannern neben ukrainischen Nationalsymbolen posieren. Ein flüchtiger Blick verrät, dass es sich um Freiwilligeneinheiten innerhalb der Territorialen Verteidigungskräfte des ukrainischen Staates handelt. Es handelt sich also nicht um einen autonomen Widerstand der ArbeiterInnenklasse, und Vergleiche mit der Pariser Kommune (wo sich ein Teil der Nationalgarde gegen ihre Vorgesetzten auflehnte und die Stadt übernahm) oder der Machnowschtschina (die direkt gegen den entstehenden ukrainischen Staat agierte und sich dem ukrainischen Nationalismus entgegenstellte) kommen einer völligen Verzerrung gleich.

„Die NATO raus aus Europa“: Den russischen Imperialismus von der Leine lassen

Auf der anderen Seite gibt es die üblichen Stimmen aus dem trotzkistischen, stalinistischen und maoistischen Lager, für die Imperialismus nicht ein Stadium der kapitalistischen Entwicklung ist, sondern sich ausschließlich auf die Politik der USA reduziert. Wenn es zu militärischen Auseinandersetzungen kommt, stellen sie sich in der Regel auf die Seite desjenigen, der sich gegen die USA wendet. Das ist natürlich eine Position, die sich im aktuellen Krieg in der Ukraine nur schwer formulieren lässt, ohne als Kriegstreiber zu erscheinen. Also hat man sich andere Argumente zurechtgelegt, um das Gemeinte nicht laut auszusprechen: Russland habe sich aggressiv verhalten, aber es sei nicht imperialistisch, es reagiere nur auf den Druck der NATO. Die NATO solle sich aus Osteuropa zurückziehen, dann hätten wir Frieden...

Natürlich ist die Einkreisung Russlands durch die NATO auch eine Ursache für den Krieg in der Ukraine. Aber wir leben in einer kapitalistischen Welt. Keine Region ist vor der Konkurrenz zwischen Nationalstaaten sicher, und keine imperialistische Macht wird ihre Kriegsbeute einfach aufgeben. Das Vorgehen Russlands hat ein Umfeld geschaffen, das eine Reaktion der NATO-Länder erforderlich macht. Sie können nicht tatenlos zusehen, wie ihre Ressourcen und Handelspartner angegriffen werden, also werden immer mehr Waffen und Soldaten in die Region geschickt werden, um die Interessen des westlichen Kapitals zu schützen. Was jetzt geschieht, ist eine Fortsetzung bereits bestehender Tendenzen - die USA sind als Sieger aus den beiden vorangegangenen imperialistischen Weltkriegen hervorgegangen, sehen sich nun aber einer neuen Herausforderung durch China gegenüber; Europa schart sich zunehmend hinter die USA, und Russland gerät in Abhängigkeit von China. Die Fronten sind abgesteckt, imperialistische Konstellationen zeichnen sich ab. Dies ist ein Kampf um die Weltherrschaft, das Schlachtfeld ist überall, er wird nicht einfach aufhören, und keine pazifistischen Appelle an die Machthaber können ihm Einhalt gebieten.

Was „No War but the Class War“ wirklich bedeutet

1916, inmitten des ersten imperialistischen Weltkriegs, schrieb ein "Kriegsdienstverweigerer", der in Richmond Castle in North Yorkshire inhaftiert war, an die Wand seiner Zelle: „Der einzige Krieg, der es wert ist zu kämpfen, ist der Klassenkrieg. Die ArbeiterInnenklasse dieses Landes hat keinen Streit mit der ArbeiterInnenklasse Deutschlands oder irgendeines anderen Landes. Der Sozialismus steht für Internationalismus. Wenn die ArbeiterInnen aller Länder sich vereinigen und sich weigern zu kämpfen, gibt es keinen Krieg."

Das ist der Internationalismus, in dessen Tradition wir stehen. Das bedeutet, dass wir uns im Gegensatz zur bürgerlichen Linken nicht auf die Seite irgendwelcher kapitalistischer Staaten stellen, egal ob sie als „fortschrittlich“ oder „reaktionär“ gelten, egal ob sie die „Aggressoren“ oder die „Angegriffenen“ sind. Unsere Solidarität gilt immer und überall der globalen ArbeiterInnenklasse, den Opfern von Krieg, Sanktionen und Austerität. Der imperialistische Krieg, das Produkt des kapitalistischen Systems, kann nur durch unsere Klasse gestoppt werden. Wir mögen Rädchen in der Maschine sein, aber ohne uns bewegt sich nichts. Die herrschenden Klassen führen die Welt in den Abgrund. Es ist an der Zeit, dass die ArbeiterInnenklasse eine Alternative auf die Agenda setzt: Ein globales kooperatives Gemeinwesen ohne nationale oder Klassenunterschiede, welches sich an der Maxime „jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“ statt der Logik „Krieg aller gegen alle“ orientiert.

No War but the Class War - Liverpool: nwbcwliverpool.wordpress.com

Sunday, August 14, 2022