Drei tödliche Krisen, eine Ursache: Kapitalismus zerschlagen!

Der Krieg in der Ukraine, die Covid-Pandemie, die Zerstörung der Umwelt sowie die Klimakatastrophe, all das sind Produkte des Kapitalismus. Sie sind keine "Naturkatastrophen", sondern das Ergebnis der Widersprüche eines krisengeschüttelten Gesellschaftssystems, das seinen Nutzen für die Menschheit längst verloren hat. Wenn der Kapitalismus nicht zerstört wird, wird er uns alle zerstören. Nie war die Notwendigkeit, den Kapitalismus zu überwinden und zu einer anderen Produktionsweise überzugehen, dringender als heute.

Der Krieg in der Ukraine

Der Krieg in der Ukraine ist der Beginn einer neuen und noch gefährlicheren Phase der innerimperialistischen Auseinandersetzungen. Das Schlachtfeld verlagert sich in die reichen kapitalistischen Kernländer, und die Vereinigten Staaten, deren imperialistische Vormachtstellung durch den Aufstieg Chinas bedroht ist. Diese setzen ihre wirtschaftliche und militärische Macht ein, um ihre Verbündeten (die EU) zu kontrollieren und das Potenzial eines Bündnisses zwischen China und Russland zu schwächen. Wie bei allen Kriegen heutzutage hat die ArbeiterInnenklasse auf beiden Seiten nichts zu gewinnen. Ob russische oder ukrainische Oligarchen - welchen Unterschied macht das für diejenigen von uns, die Lohnarbeiten müssen, deren Leben durch die globale Wirtschaftskrise immer weiter eingeschränkt wird. Das Gerede von "Völkerrecht", "Demokratie", "Kampf gegen den Nazismus" ist ein groteskes Propagandamittel, um die sehr hohen Kosten zu rechtfertigen, die auf Millionen von Menschen abgewälzt werden. Die Bevölkerung die bombardiert wird, das ukrainische Proletariat, ist das Opfer dieses Treibens. Genau wie die Wehrpflichtigen, Söhne russischer ProletarierInnen, die für "ihr" Land töten und getötet werden sollen. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht ist es immer die ArbeiterInnenklasse, die die Kosten des Krieges trägt und tragen wird. Nicht nur in der Ukraine, in Russland, in Europa, sondern in weiten Teilen der Welt leiden ArbeiterInnen unter den Preissteigerungen für Weizen und Brot, die infolge der Spekulation in die Höhe schießen.

Die imperialistischen Hintergründe des Ukraine-Konflikts liegen auf der Hand. Durch die Ausdehnung der NATO bis an die Grenzen Russlands und das Bestreben, die Ukraine und Georgien in das Bündnis zu integrieren, kesselte der US-Imperialismus Russland so weit ein, dass er seine Raketen vor Russlands Haustür parken kann. Darüber hinaus haben die USA die Ukraine hochgerüstet und ihre Armee so weit ausgebildet, dass sie in der Lage ist, die separatistische Donbass-Region zurückzuerobern, eine Region, die über strategische Wirtschaftsressourcen wie Eisen, Kohle sowie Industrie verfügt. Die aufgerüstete ukrainische Armee wäre auch in der Lage, die Krim zu bedrohen, auf der sich Russlands wichtigster Marinestützpunkt am Schwarzen Meer befindet. Die Ukraine ist mehr oder weniger ein De-facto-Mitglied der NATO geworden. Biden rühmt sich, dass vor der russischen Invasion Waffen im Wert von 650 Millionen Dollar an die Ukraine geliefert wurden und nun weitere 1,35 Milliarden Dollar bereitgestellt werden. Diese Drohungen haben den russischen Imperialismus dazu gebracht, zuzuschlagen, bevor die Ukraine vollständig in die NATO integriert wurde. Als Herrscher einer ehemaligen "Supermacht" ist Putin davon besessen, Russland wieder groß zu machen. Dies ist daher eine viel schärfere Auseinandersetzung als die Kriege im Nahen Osten oder im ehemaligen Jugoslawien. Sie birgt das Potenzial, zu einem globalen Konflikt zu eskalieren, in dem, wie Putin mehrfach klargemacht hat, Atomwaffen eingesetzt werden könnten.

Längerfristig zielen sowohl Russland als auch China darauf ab, ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen zu sichern, indem sie die globale Hegemonie der USA zu Fall bringen. Aufgrund der internationalen Rolle des Dollars als Leitwährung sind die USA in der Lage, scharfe Wirtschaftssanktionen gegen beide Länder zu verhängen. Russlands Forderung, seine Gas- und Ölexporte nun in Rubel bezahlen zu lassen, und die Bindung des Rubels an Gold, sind ein Versuch zurückzuschlagen. Dies ist der Wirtschaftskrieg. Die USA ihrerseits sind jedoch entschlossen, ihre globale Hegemonie mit militärischen Mitteln zu verteidigen, koste es, was es wolle. Ein solcher Interessenkonflikt führt unweigerlich zu einem imperialistischen Krieg.

Vorboten eines globalen Krieges

Einerseits hat der Druck des Krieges die EU gezwungen, sich hinter die USA zu stellen und einer Aufrüstung zuzustimmen. Andererseits haben die Invasion und die verhängten Wirtschaftssanktionen Russland in die Arme Chinas getrieben. Gleichzeitig werden das Leid der Zivilbevölkerung, die Millionen von verzweifelten Flüchtlingen und die russischen Gräueltaten als Ergebnis der Diktatur dargestellt. Währenddessen werden die Gräueltaten des neonazistischen Asow Bataillons im Donbass stillschweigend ignoriert, genauso wie die Kriegsverbrechen der USA im Irak und anderswo vergessen werden. Die Botschaft, dass die so genannte westliche „Demokratie“ es wert sei, gegen die „Diktaturen“ Russlands und Chinas verteidigt zu werden, dass es sich lohne, dafür zu sterben, wird laut und deutlich herausposaunt. Was wir sehen, sind sowohl die Anfänge der Ausrichtung von Staatenblöcken für einen künftigen globalen Krieg als auch die Projektion der Ideologie für die Mobilisierung der ArbeiterInnen als Kanonenfutter für einen solchen Krieg.

Die eigentliche Ursache dieser Kriegstreiberei ist jedoch die seit langem andauernde Krise des Kapitalismus und die Unfähigkeit der Kapitalistenklasse, ihr Einhalt zu gebieten. Bis heute hat sich das System von der Implosion des Finanzsystems im Jahr 2008 nicht erholt. Diese Krise war ihrerseits das Ergebnis einer längeren, tieferen Krise, die durch den tendenziellen Fall der Profitrate verursacht wurde und die Finanzspekulationen beförderte. Dadurch wurden die Werte von Immobilien, Finanzanlagen und Rohstoffen in die Höhe getrieben, was zu der Blase führte, die schließlich 2008 platzte. Trotz des Jahrzehnts der Austerität, die die Dinge in Ordnung bringen sollte, stand das System an der Schwelle zu einer weiteren Krise, als die Covid 19-Pandemie ausbrach. Wieder reagierte die Kapitalistenklasse mit den Zentralbanken, um eine Flut von Geldkrediten in das Finanzsystem zu pumpen. Wieder ist fast nichts davon in produktive Investitionen geflossen. Stattdessen wurde weiterhin auf Spekulationen gesetzt, die dieselben Probleme produzierte, die zum Zusammenbruch von 2008 führten. Die Pandemie hat die Wirtschaftskrise erheblich verschärft. Gleichzeitig wurde sie auch genutzt, um die zugrundeliegenden Probleme zu verschleiern und die ArbeiterInnenklasse davon zu überzeugen, dass noch mehr Opfer nötig seien, um „zur Normalität“ zurückzukehren.

Angesichts all dessen müssen besonders zwei Dinge hervorgehoben werden. Erstens: Die Krise hat einen Punkt erreicht, an dem „unsere“ Politiker keine rein wirtschaftlichen Optionen mehr haben, um ihre Auswirkungen abzumildern. Stattdessen sind sie bereit, offen einen großen Krieg im Herzen Europas zu führen, um ihre Interessen zu verteidigen: Einen Krieg, der zudem am helllichten Tag vorbereitet wird, ohne den Versuch, ihn zu verschleiern. Der Krieg ist also das Ergebnis der Widersprüche des Kapitalismus, das legitime Kind des Kapitalismus. Zweitens: Dieser Krieg ist auch ein Krieg gegen die ArbeiterInnenklasse. Das kurzfristige Ziel besteht darin, uns weitere Opfern abzuverlangen. Wenn Lohnkürzungen als notwendiger Verzicht für den Krieg gerechtfertigt werden können, kann der Profit gesteigert werden. Das längerfristige Ziel besteht darin, uns auf die ultimative Lösung für das Verwertungsproblem des Kapitalismus, den Weltkrieg vorzubereiten und als Kanonenfutter zu mobilisieren. Nie seit dem 2. Weltkrieg war unsere Losung gegen die Kriegspläne des Kapitalismus, "No War but the Class War", wichtiger. Es geht um den Kampf Klasse gegen Klasse. Wir dürfen in diesem Krieg keine der beiden Seiten unterstützen. Weder Russland noch die NATO!

Wir zahlen die Zeche

Seit drei Jahrzehnten befindet sich die ArbeiterInnenklasse in der Defensive und zahlt die Kosten der Krise. Ihr Lebensstandard sinkt, während die Produktivitätsraten steigen.(Was aber angesichts der gewachsenen organischen Zusammensetzung des Kapitals die sinkende Profitrate nicht ausgleichen kann.) Dies war die Strategie „unserer“ Herrscher weltweit. Seit der ersten Phase der Krise, die Anfang der 1970er Jahre mit der Abkopplung des Dollars vom Gold begann, ist unser Anteil am Reichtum, den unsere Arbeit produziert, drastisch gesunken. In den G20-Ländern nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) von etwa 65 % auf 55 %. In den USA beispielsweise stagniert die Kaufkraft der Löhne seit Anfang der 1970er Jahre, während die Arbeitsproduktivität um das Dreifache gestiegen ist! In anderen Ländern sieht es ähnlich aus. Nach Berechnungen der Asiatischen Entwicklungsbank ist der Anteil der Arbeit an der Wertschöpfung in 115 Ländern im Zeitraum von Mitte der 1970er Jahre bis heute von etwa 55 % auf 45 % zurückgegangen. Die ILO berichtet außerdem, dass weltweit 266 Millionen ArbeiterInnen unterhalb des Mindestlohns bezahlt werden. Dies entspricht 15 % aller Arbeitskräfte weltweit. Natürlich gibt es Millionen von ArbeiterInnen, die unter noch schlechteren Bedingungen arbeiten, die aber in diesen Zahlen nicht auftauchen, weil sie von den nationalen Statistiken ignoriert werden. Prekäre Arbeitsverhältnisse, Null-Stunden-Verträge, Entlassungen und Neueinstellungen sowie eine erhebliche Inflation, die die Lohnerhöhungen schluckt sowie Arbeitslosigkeit, sind gravierende Angriffe auf unseren Lebensstandard. Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges wird all dies noch verschärfen. Die Inflation, angeheizt durch massiv steigende Energie- und Lebensmittelkosten, wird in die Höhe schießen, was in Niedriglohnländern besonders schlimme Folgen haben wird.

Vom Widerstand zur Revolution

Kollektiv hat die Arbeiterklasse die potenzielle Macht, dem kapitalistischen System den Garaus zu machen, bevor dieses einen Großteil des Lebens auf der Erde vernichtet. Jede wirksame Gegenwehr muss am Arbeitsplatz beginnen. Trotz der Tatsache, dass sich der Kapitalismus durch die Globalisierung und die Ausbeutung billiger Arbeitskräfte, wo immer er weltweit auf diese zurückgreifen kann, neu strukturiert hat, gibt es Anzeichen dafür, dass die Passivität der ArbeiterInnenklasse ein Ende haben könnte. Es gab Streiks in den Dienstleistungsbranchen der kapitalistischen Kernländer, Streiks und Massenproteste in Südamerika und Südasien sowie Streiks mit kommunistischer Ausrichtung im Iran. Es gibt Berichte aus verschiedenen Ländern von ArbeiterInnen, die sich weigern, für den Krieg in der Ukraine bestimmte Rüstungsgüter zu transportieren. Diese Kämpfe blieben jedoch isoliert und wurden im Allgemeinen von den Gewerkschaften kontrolliert, die ein ureigenes Interesse an der Aufrechterhaltung des Lohnsystems haben. Um wirksam zu sein, muss ein Kampf sich verallgemeinern und von den ArbeiterInnen selbst durch Streikkomitees und Massenversammlungen geführt werden. Vor allem aber ist es notwendig, dass die ArbeiterInnenklasse ihre Kämpfe gegen die wirtschaftlichen Auswirkungen des Systems verallgemeinert und die Überwindung des Kapitalismus auf die politische Agenda setzt. Wie Marx sagte: "Die Revolution überhaupt - der Umsturz der bestehenden Gewalt und die Auflösung der alten Verhältnisse - ist ein politischer Akt. Ohne Revolution kann sich aber der Sozialismus nicht ausführen." (1844)

Eine kommunistische Welt

Wir müssen eine andere Form der Produktion entwickeln, die nicht auf den Profit sondern auf menschliche Bedürfnisse ausgerichtet ist. Produktionsmittel müssen in Gemeineigentum überführt, die Produktion gemeinschaftlich von ArbeiterInnenräten organisiert werden. Nur so kann die Klassengesellschaft überwunden und Staaten und Geld überflüssig gemacht werden, nach der Maxime: „Jedem nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen.“

Wir brauchen eine internationale politische Organisation, die auf der Grundlage eines Programms für dieses Ziel kämpft. Eine solche Organisation wird als Kompass dienen um den zukünftigen Kämpfen eine Orientierung zu geben. Wir stehen in der Tradition der Kommunistischen Linken, die Nationalismus und Imperialismus bekämpft und den revolutionären Marxismus gegen den Kapitalismus in all seinen Ausformungen verteidigte, auch wenn er mit dem Deckmantel des „Sozialismus“ auftrat. Mitten im Zweiten Weltkrieg riefen unsere GenossInnen der PCInt (Partito Comunista Internazionalista) die ArbeiterInnen auf beiden Kriegsfronten zur Desertation auf, um für ihre eigenen Klasseninteressen zu kämpfen. Unser Ziel ist es heute, zu einer neuen Internationale beizutragen, einer revolutionären politischen Führung, die in der ArbeiterInnenklasse verankert ist, und sich auf die kommenden Kämpfe vorbereitet.

Internationalistische Kommunistische Tendenz
Sunday, April 24, 2022