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Startseite ›Spontanität und Organisation in der russischen Februarrevolution 1917
(6. Teil unserer Artikelserie zum Thema Klassenbewusstsein und revolutionäre Organisation)
Wir sind an dem Punkt angelangt, an dem alle bisherigen Vorstellungen darüber, was revolutionäres Klassenbewusstsein war und was nicht, einem großen Test unterzogen werden. Hierbei sollten wir vielleicht mit einem Hinweis zur Methodik beginnen. Wir betrachten die Erfahrung der Russischen Revolution nicht als etwas, das wir auswendig lernen müssen, um es dann mechanisch auf die Zukunft anwenden zu können. Die Geschichte aller bisherigen Klassenkämpfe zeigt uns, dass keine zwei Ereignisse jemals denselben Verlauf nehmen, aus dem einfachen und sehr offensichtlichen Grund, dass sie unter unterschiedlichen historischen Rahmenbedingungen stattfinden. Ebenso agieren die kämpfenden Klassen vor dem Hintergrund der Erfahrung früherer Kämpfe und ändern ihre Aktionen entsprechend. In dieser Hinsicht können wir uns nur in einem sicher sein – die nächste proletarische Revolution wird sich in ihren Ursprüngen und ihrer Entwicklung sehr von der Russischen Revolution vor etwa einem Jahrhundert unterscheiden.
Das bedeutet nicht, dass man aus dieser Erfahrung nichts in Bezug auf die Entwicklung des Klassenbewusstseins und der politischen Klassenorganisation lernen kann. So wie die russische ArbeiterInnenklasse von 1917 die Erfahrungen der Pariser Kommune von 1871 und der Revolution von 1905 in sich hatte, sind die Erfahrung von 1917 Teil unserer historischen Erbes. Das Schlüsselproblem besteht darin, zu verstehen, welche Schlussfolgerungen für uns heute zu ziehen sind. Die großen Fragen drehen sich darum, wie die ArbeiterInnenklasse innerhalb von zehn Monaten von der Akzeptanz der bestehenden Ordnung zu einem umfassenden Sturz des politischen Systems und dreier Regierungen überging. Welche Rolle spielten die zuvor politisch bewussten ArbeiterInnen im Verlauf dieser Entwicklung eines Klassenbewusstseins unter den Massen? Wie konnte die ArbeiterInnenklasse ihre eigenen Organisationen aufbauen, die in einem völlig antagonistischen Verhältnis zum alten Staat der herrschenden Klasse standen? Doch zunächst werden wir uns mit den Behauptungen einiger Vertreter der Bourgeoisie befassen, die leugnen, dass es überhaupt zur Entwicklung eines revolutionären Klassenbewusstseins gekommen sei.
Eine bürgerliche Tragödie
Nach dem Zusammenbruch der UdSSR 1991 hätte man annehmen können, dass die bürgerliche ideologische Offensive gegen die Revolution von 1917 nachgelassen würde. Dies geschah jedoch nicht. Vielmehr war das Gegenteil der Fall. Kaum war die militärische Bedrohung durch die Sowjetunion auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet, versuchte eine ganze Reihe neuer Autoren verschiedenster Couleur, den Ereignissen von 1917 jeglichen proletarischen Charakter abzusprechen. Federführend war dabei vor allen der Ex-KGB-General Dmitri Wolkogonov (inzwischen verstorben), der zwei Werke veröffentlichte, die den Anspruch vertraten bahnbrechende neue Enthüllungen darüber zu enthalten, wie das Russland Lenins bewusst den Weg für das Russland Stalins ebnete. Eine Lektüre dieser Werke zeigt jedoch, dass dies vor allem verlegerische Marktschreierei war. Die Archive haben (zumindest bis jetzt) wenig Neues enthüllt, um unseren bisherigen Kenntnisstand zu ändern. Alles, was Wolkogonov tat, bestand wesentlich darin eine Interpretation zu liefern, die es erleichterte seine Bücher an eine westliche Leserschaft zu verkaufen. Es gab keinen Grund für eine russische LeserInnenschaft zu schreiben, da abgesehen der entstehenden revolutionären Minderheiten, die ganze Thematik für sie nur stinklangweilig gewesen wäre. Wolkognov und seinesgleichen hatten einen enormen Einfluss auf die neuere wissenschaftliche Literatur über die Russische Revolution im Westen. Das wird besonders deutlich, wenn man die Werke von Neil Harding und Robert Service vor und nach dem Fall der Sowjetunion vergleicht. Beide haben ausführlich (zwei Bände im Fall von Harding und drei im Fall von Service) über Lenins Rolle in der Revolution geschrieben. Dies sind ernsthafte Arbeiten, die umfassend recherchiert und akribisch belegt sind. In den 1990er Jahren haben beide jedoch nur noch kleinere Bücher geschrieben, um sicherzustellen, dass wir zur Kenntnis nehmen, dass sie Lenin völlig verachten.(1)
Bürgerliche Historiker gaben sich jedoch nicht mehr damit zufrieden die Oktoberrevolution als einen einfachen Putsch hinzustellen. Vielmehr wurde nun dazu übergegangen die Bedeutung des Auftauchens von Räten während der Februarrevolution zu relativieren. Das ist das Ziel von Orlando Figes, der uns mit seinem Versuch, den Klatschstil von Simon Schama in seinem Buch über die Französische Revolution nachzuahmen, lediglich einen guten Einblick in die bürgerliche Denkweise gibt. Was die beiden Bücher verbindet, ist ihre antimarxistische Grundhaltung. Die Französische Revolution war „gut“, weil sie uns alle zu „Bürgern“ machte (so der Tenor von Schamas Werk), doch die Russische Revolution war „die Tragödie eines Volkes“, weil sie uns alle zu „Genossen“ machen wollte. Für diese populärwissenschaftlichen Schreiberlinge kann es keinen weiteren menschlichen Fortschritt jenseits der gegenwärtigen kapitalistischen Gesellschaft geben. Für sie bedeutet „Freiheit“, weiterhin das bequeme Leben des Cambridge College zu genießen, dessen Exklusivität vor den ungebildeten Massen bewahrt werden müsse.
So hat die bürgerliche Geschichtsschreibung seit 1990 nur noch mehr zu einer Reihe von Verzerrungen beigetragen. Tatsache ist, dass die bürgerliche Sicht auf die Russischen Revolution darauf besteht, dass es in der russischen ArbeiterInnenklasse kein revolutionäres geschweige denn ein Klassenbewusstsein gegeben hätte. Sie führen alles auf die Schwäche des liberalen Bürgertums und der bestehenden Machtstrukturen in Russland zurück. Da noch kein solides parlamentarisches System im Westminster-Stil geschaffen wurde hätte dies einer Bande rücksichtsloser Abenteurer wie den Bolschewiki erlaubt, aus dem Nichts aufzutauchen und die Macht die auf den Straßen lag an sich zu reißen. Dies ist die gängige herrschende Sichtweise auf die Geschichte. Wenn unsere Herren die Macht nicht kontrollieren, muss sie ein Waisenkind sein. Oder wie Trotzki es ausdrückte:
„Jene, die bei einer Revolution verlieren, sind selten geneigt, ihr ihren rechten Namen zuzugestehen.“2
Die Tatsache, dass der „spontane“ Aufstand der russischen ArbeiterInnenklasse im Februar 1917 sehr triftige materielle Gründe hatte, kommt in ihrer Analyse nur am Rande vor.
Februar 1917: Jenseits der Spontanität
Hier verwenden wir den Begriff „spontan“ mit Bedacht. Die Zarin Alexandra schrieb ihrem Mann, dass die „Rowdybewegung“ schnell abebben würde, wenn nur „die Duma sich benehmen würde“! Aber die Bewegung war alles andere als eine Bewegung von Rowdys. Auch wenn keine Organisation die Revolution plante, hatte sie doch klare Ziele, die sich von der Forderung nach Brot hin zu einem Aufruf zum Sturz der Monarchie und dem Ende des Krieges entwickelten. Spontan in diesem Sinne bedeutet nicht desorganisiert, sondern, dass es kein einziges organisatorisches Zentrum gab. Lenin hob (in seinem berühmten Vortrag im Januar 1917 vor der schweizerischen sozialistischen Jugend) hervor, dass die Revolution von 1905 „spontan“ war, aber wie Trotzki in seiner weitreichenden Analyse „Die Geschichte der Russischen Revolution“ feststellte:
„Die Mystik des Elementaren erklärt nichts. Um die Situation richtig einzuschätzen und den Moment des Ausholens gegen den Feind zu bestimmen, war es notwendig, dass die Masse, ihre führende Schicht, ihre eigenen Ansprüche an die historischen Ereignisse stellte und ihre eigenen Kriterien besaß, sie einzuschätzen. Mit anderen Worten, es war nicht die Masse an sich, sondern es war die Masse der Petrograder und der russischen Arbeiter im allgemeinen notwendig, die die Revolution von 1905 erlebt hatte.“(3)
Was Trotzki hier zu Recht betont, ist, dass die „Generalprobe“ von 1905 absolut zentral für die Herausbildung des Klassenbewusstseins der ArbeiterInnen im Februar 1917 war. Dies erklärt, die Kohärenz und Kollektivität der Aktionen der Massen im Jahr 1917, die wie Lenin feststellte gut verliefen und über die zögerliche Haltung der politischen Parteien hinausgingen. Die Revolution ist im allgemeinen nur darin spontan:
„Die Geschichte der Revolution ist für uns vor allem die Geschichte des gewaltsamen Einbruchs der Massen in das Gebiet der Bestimmung über ihre eigenen Geschicke“
Diese Revolution begann mit sehr begrenzten Perspektiven und Zielsetzungen. Sie entwickelte sich nur vorwärts, weil eine neue Situation eingetreten war:
„Die Gesellschaft ändert nämlich ihre Einrichtungen nicht nach Maßgabe des Bedarfs, wie ein Handwerker seine Instrumente erneuert. Im Gegenteil, sie nimmt die über ihr hängenden Institutionen praktisch als etwas ein für allemal Gegebenes. Jahrzehntelang bildet die oppositionelle Kritik nur das Sicherheitsventil nur das Sicherheitsventil für die Massenunzufriedenheit und eine Bedingung für die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaftsordnung: eine solche prinzipielle Bedeutung hat zum Beispiel die Kritik der Sozialdemokratie gewonnen. Es sind ganz besondere, vom Willen der Einzelnen und der Parteien unabhängige Bedingungen notwendig, die der Unzufriedenheit die Ketten des Konservativismus herunterreißen und die Massen zum Aufstand bringen.“(4)
Mit anderen Worten, veränderte Umstände schaffen veränderte Menschen. Hier demonstriert Trotzki sein Verständnis des Marxismus. Es spiegelt in einem realen historischen Kontext wider, was Marx in der Deutschen Ideologie schrieb, dass die „Veränderung der Menschen nötig ist, die nur in einer praktischen Bewegung, in einer Revolution vor sich gehen kann.“ Die ganz besonderen Bedingungen von denen Trotzki oben sprach, sollten im Jahr 1917 zu einer Verbindung der bolschewistische Partei und der revolutionären ArbeiterInnenklasse führen.
Seit 1906 hatten die Bolschewiki die langfristige Perspektive vertreten, dass die ArbeiterInnenklasse in der kommenden Revolution von Anfang an für „eine revolutionär-demokratische Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft“ kämpfen müsse. Sie ließen sich nicht durch die mechanische Theorie der Menschewiki lähmen, dass das Proletariat die Bourgeoisie unterstützen müsse, um eine Demokratie zu errichten. Das hatte zur Folge, dass die Aktionen einzelner Bolschewiki innerhalb der Klasse immer darauf abzielten, den Kampf der Arbeiterklasse als unabhängige Klasse voranzutreiben. Die Menschewiki hingegen neigten dazu, auf ihre Führer zu schauen, um zu sehen, welche Kompromisse sie mit den „demokratischen“ Parteien eingingen. Dies spiegelte sich besonders im Tagebuch von Suchanow wider. Obwohl er ein internationalistischer Menschewik (d. h. ein Unterstützer von Martows linkem Parteiflügel) war, berichtete er, dass er die Bolschewiki in St. Petersburg während der Februarrevolution eher trist und „engstirnig“ fand. Sein Urteil speist sich wohl eher aus dem Umstand, dass die Bolschewiki nicht geneigt waren zum Plausch in Gorkis Haus aufzuschlagen, um sich mit anderen intellektuellen Sozialdemokraten und bürgerlichen Politikern abzustimmen. Suchanow beklagt, dass sie „das Gesamtbild“ nicht verstanden hätten. Die Hauptaktivität der Bolschewiki hätte darin bestanden sich nach Druckmaschinen umzusehen, um Propagandamaterial für die ArbeiterInnen zu produzieren. Das ist aufschlussreich, weil es darauf hindeutet, dass die Bolschewiki im Begriff waren, erste Grundlagen zu legen, um sich zu einer Klassenpartei zu entwickeln.
Die Schlüsselfrage war jedoch die Haltung zum Krieg. Keine andere Partei der Welt hatte sich so deutlich gegen den Krieg ausgesprochen wie die Bolschewiki. Damit meldeten sie in ihrer ganzen Geschichte am energischsten ihren Anspruch als revolutionäre Führung an. Trotzki (der damals kein Bolschewik war) weist darauf hin, dass am Vorabend des Ersten Weltkriegs der bolschewistische Einfluss auf die ArbeiterInnenklasse seinen Höhepunkt erreicht hatte. Tatsächlich zeigen die Streikzahlen für 1913-14, dass der Zarismus mit einer Streikwelle konfrontiert war, wie sie der Revolution von 1905 vorausging.(4) Der Einfluss der Bolschewiki hatte zugenommen. Sobald der Krieg erklärt wurde, gab das St. Petersburger Komitee der Partei ein Flugblatt dagegen heraus, in dem zu lesen war:
„Genossen, die Regierung und die Bourgeoisie haben den Wind gesät; sie werden Sturm ernten! Nikolaus der Blutige … wird der letzte russische Zar sein … Die Revolution kommt. Lasst uns alles tun, was wir können, um siegreich zu sein“.(5)
Damit wurde die Position für die Lenin bereits auf internationaler Bühne gekämpft hatte in die Fabriken St. Petersburg getragen: „Verwandelt den imperialistischen Krieg in einen Bürgerkrieg!“
Natürlich war dies kein Weg sofort Popularität zu erlangen. Doch damit wurde eine Klassenposition formuliert, ein Banner aufgepflanzt, das später zum Bezugspunkt für die ArbeiterInnenklasse werden sollte. Nach dem Ausbruch des Krieges wurde Russland wie alle anderen kriegführenden Staaten von einer patriotischen Welle erfasst. Die Mitgliedschaft der Bolschewiki ging zahlenmäßig zurück, als die konservativeren Elemente in der ArbeiterInnenklasse zu dominieren begannen (nicht zuletzt, weil der Krieg auch den Vorwand für Massenverhaftungen von ArbeiteraktivistInnen lieferte). Diese Situation hielt jedoch nur bis Ende 1915 an. Die russischen Kriegsanstrengungen kamen zum Erliegen und als die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges zu entsetzlichen Engpässen führten, stieg die Unzufriedenheit der Massen. Die verfolgten Bolschewiki die knapp an Ressourcen waren und deren erfahrensten Führer sich in der Verbannung in Sibirien oder im Exil im Ausland befanden, konnten nun einen politischen Einfluss ausüben, der weit über ihre eigentliche Organisationsstärke hinausging. Dies lag wesentlich daran, dass sie eine kohärente programmatische Haltung gegen den Krieg bezogen hatten. Trotzki beantwortete die Frage „Wer leitete die Februarrevolution an?“ mit der lapidaren Aussage: „Die aufgeklärten und gestählten Arbeiter, die hauptsächlich von der Partei Lenins erzogen worden waren.“(6)
Dies ist nicht ganz so metaphysisch wie es auf den ersten Blick erscheint. Trotzki führt verschiedene Beispiele weitgehend unbekannter Mitglieder der Bolschewiki an, wie den Soldaten Muralow oder den Arbeiter Kaiurow, die in den frühen Tagen der Februarrevolution entscheidende Aktionen auf der Ebene der Straße durchführten. Wir brauchen auch nicht nur Trotzkis beim Wort nehmen. Selbst Orlando Figes, wahrlich kein Freund des Proletariats, muss einräumen, dass „sozialistische Agitation in der ArbeiterInnenklasse“ in den frühen Morgenstunden der Februarrevolution maßgeblich dazu beigetragen habe, streikende ArbeiterInnen auf die Straße zu bringen. Diese begann am Internationalen Frauentag (23. Februar nach dem alten Kalender) als eine Demonstration von streikenden Frauen, vom Arbeiterviertel Wyborg zum bürgerlichen Newski-Prospekt marschierten, um gegen die Brotknappheit zu protestieren. An diesem Tag waren die Brotration zum dritten Mal gekürzt worden, so dass die Rufe nach „khleba“ (Brot) von den ersten Rufen „Doloi tsarskoi monarkhii“ (Nieder mit dem Zarismus) begleitet wurden. Die Agitation in der ArbeiterInnenklasse ging am 24. Februar 1917 weiter, als sich Hunderttausende den Streiks anschlossen:
„Arbeiter hielten Fabrikversammlungen in der ganzen Stadt ab und beschlossen, von sozialistischen Agitatoren angestachelt, zur Stadtmitte zu marschieren. Viele bewaffneten sich mit Messern, Schraubenschlüsseln, Hämmern…“(7)
Dies ist auch deshalb von Bedeutung, weil all die Straßenkämpfe und die Verbrüderung mit Truppen, die in den nächsten fünf Tagen stattfinden sollten, von dem kollektiven Bewusstsein angetrieben wurden, dass sich mindestens die Hälfte (ein Polizeibericht gab 90% an) der Petersburger ArbeiterInnenklasse im Streik befand. Es entwickelte sich eine Dynamik, die Lenin nach dem Moskauer Aufstand im Dezember 1905 folgendermaßen beschrieben hatte:
„Es versteht sich von selbst, dass von einem ernsten Kampf keine Rede sein kann, solange die Revolution nicht zu einer Massenbewegung geworden ist und die Truppen selbst ergriffen hat.“(8)
In den Fabriken wurden Streikversammlungen abgehalten und beschlossen in der Innenstadt zu demonstrieren. Kein Wunder, dass der Staatsrat des Zaren die Schließung der Fabriken anordnete, um den ArbeiterInnen diesen kollektiven Treffpunkt zu nehmen. Augenzeugen verschiedenster Couleur berichten, dass die ersten Demonstrationen gegen das Regime von „gut gelaunten“ und „anständig gekleideten Menschen“ dominiert gewesen waren. Ab dem Nachmittag des 23. Februar änderte sich das. Die Massenbewegung nahm zunehmend einen proletarischen Charakter an. Doch selbst jetzt, wurden einige Bolschewiki die versuchten, ein Banner mit der Inschrift „Doloi voiny“ (Nieder mit dem Krieg) zu entfalten, angegriffen und das Banner verschwand. Zwei Tage später skandierten die Massen, denen bewaffnete Truppen gegenüberstanden, auf dem Znamenskaia-Platz jedoch genau diesen Slogan. Damals war es nicht nur die Verzweiflung, die das Bewusstsein der ArbeiterInnenklasse verändert hatte, sondern auch das Gefühl, dass der Krieg eine neue Situation geschaffen hatte, die sich deutlich von der im Jahre 1905 unterschied
1905 war die Armee noch weitgehend eine Berufsarmee des Zaren. 1905 saß das Gefühl der Sinnlosigkeit des Krieges noch nicht so tief. Als die DemonstrantInnen jetzt jedoch erkannten, dass die überwiegend bäuerlichen Wehrpflichtigen, die den Großteil der Petrograder Garnison ausmachten, wahrscheinlich nicht schießen würden, wurden sie selbstbewusster. Ein letztes Hindernis waren die Kosaken, die in der Vergangenheit nie gezögert hatten, antizaristische Demonstranten niederzuschießen. Doch die ArbeiterInnen versuchten bereits am allerersten Tag des Aufstands, sich mit ihnen zu verbrüdern. Mutige Menschen, oft Frauen, aber auch Männer, gingen auf Soldaten zu, ergriffen den Lauf ihrer Waffe und baten sie, sie in die andere Richtung zu drehen. Es gibt keine Berichte darüber, dass einer dieser Appelle jemals fehlgeschlagen ist.(9) Nachdem die Kosaken deutlich gemacht hatten, dass sie die Demonstrationen nicht angreifen würden, blieb dem Regime als letzte Bastion nur noch die Polizei. Zwar hatten Soldaten von einigen Regimentern anfangs Schüsse auf die Streikenden abgeschossen, doch die meisten Opfer erforderten die Auseinandersetzungen der Polizei mit den anderen Soldaten. Als die Kosaken (nach Aufforderung des bolschewistischen Arbeiters Katyurov) den hochrangigen Polizeibeamten Krylov, töteten, der seinen Truppen den Befehl erteilt hatte auf eine Menschenmenge auf dem Znamenskaia-Platz zu schießen(10), kannte die Massenbewegung kein halten mehr. Die Revolution war in vollem Gange. Obwohl einige Regimenter immer noch nur sehr zögerlich zu den ArbeiterInnen überliefen und es vereinzelt zu Schusswechseln innerhalb und zwischen den Regimentern kam, nahm die Zahl auf den Straßen zu. Überall tauchten rote Fahnen auf. Was jahrelang die bloße Idee einer revolutionären Minderheit gewesen war, nahm nun eine praktische Dimension an.
Nirgendwo zeigte sich dies deutlicher als bei der Frage, was den Zarismus ersetzen sollte. Die Bourgeoisie hatte mit Entsetzen und tatenlos zugesehen, wie die ArbeiterInnenklasse und die Reservisten der Bauernarmee Jahrhunderte der Autokratie hinweggefegt hatten. Die entschlosseneren unter ihnen (insbesondere diejenigen, die wie Kerensky Mitglieder von ArbeiterInnenorganisationen waren) erkannten jedoch, dass dringend gehandelt werden müsse um die „Unterschicht“ daran zu hindern die Macht zu übernehmen. Das ist der Schlüsselmoment jeder Revolution. ArbeiterInnen können auf den Straßen kämpfen und ihr Leben verlieren, aber wenn sie sich nicht über ihre Ziele klar sind, werden sie wahrscheinlich von der einen oder anderen kapitalistischen Fraktion in Beschlag genommen. Dies wurde in jüngerer Zeit in Polen deutlich, als die Danziger Werftarbeiter die Bewegung zum Sturz des stalinistischen Apparats in Polen in Gang setzten. Da sie keine eigene unabhängige Klassenperspektive hatten (da sie Arbeiter waren, die gegen einen angeblichen „Arbeiterstaat“ aufbegehrten), unterlagen sie dem Einfluss des reaktionären Katholizismus in Form von Lech Walesas Solidarnosc, die wiederum von der CIA finanziert wurde. Dies verdeutlicht die Grenzen einer Bewegung, die zwar mit praktischen Schritten ein verhasstes Regime stürzen, jedoch ohne eine eigene programmatische Perspektive keine neue Gesellschaft erkämpfen kann. Diese programmatische Perspektive muss innerhalb der ArbeiterInnenklasse von jenen Arbeiterinnen und Arbeitern vorweggenommen werden, die verstehen, dass ein bloßer Austausch der Führung nicht ausreicht, um eine Revolution zu machen. In Russland hatte die sozialdemokratische Bewegung diese Rolle eingenommen und damit einen entscheidenden Beitrag zur Februarrevolution geleistet.
Nach der Abdankung des Zaren stellte sich die Frage was nun folgen sollte. Die Stärke der Klassenbewegung in Petrograd zeigte sich gerade daran, dass die Bourgeoisie sich hier nicht ganz durchsetzen konnte. Als Kerensky und seine Kumpanen in der Partei der Sozialrevolutionäre sich mit konservativen Duma-Mitgliedern wie Shingarev und Milyukov zusammentaten, um eine Provisorische Regierung zu bilden, erkannten die ArbeiterInnen und Soldaten, die den Kampf geführt hatten, dass sie ihre eigenen Organisationen bräuchten. Wie Trotzki sagte, war dies nicht irgendein altes Proletariat. Es war dasselbe russische Proletariat, das kürzlich die Revolution von 1905 erlebt hatte. In mancher Hinsicht mussten sie nicht darauf warten, dass ihre politischen Minderheiten sie an die Erfahrung von 1905 erinnerten, die in ihrem kollektiven Bewusstsein noch relativ frisch war. Als die Bolschewiki am 27. Februar ein Flugblatt herausgaben, in dem sie zu Wahlen zu den Sowjets aufriefen, knüpften sie an den Forderungen nach Genossenschaften und erneuerten Fabrikorganisationen der ArbeiterInnenmacht an.
Sowjets ohne Kommunismus
Die eigentliche Entscheidung, den Sowjet von 1905 wiederzubeleben, schien gefallen zu sein, als die Menge auf der Wyborger Seite (dem Arbeiterviertel um den Finnischen Bahnhof) beschloss, die Gefangenen im Kresty-Gefängnis zu befreien. Unter ihnen war der erste menschewistische Präsident des Sowjets von 1905, Chrustalew-Nosar. Die Menschewiki waren führend an der Bildung des neuen Sowjets beteiligt und verbanden dies mit der Mobilisierung für die zaristischen Komitees für die Kriegsindustrie, die von Gvozdev, einem anderen Menschewiki, geleitet wurden. (Da diese dazu bestimmt waren, die Kriegsproduktion zu verbessern, hatten die Bolschewiki eine erfolgreiche Boykottkampagne gegen sie geführt). An diesem Punkt weisen viele Quellen darauf hin, dass die Bolschewiki scheinbar kaum eine Rolle in der Revolution gespielt hatten. Dafür gab es mehrere Gründe. Wie alle anderen Parteien hatten sie die Revolution nicht erwartet und warnten am 24. Februar streikende Frauen sogar davor, sich zu isolieren. Das erste bolschewistische Flugblatt, das zum Generalstreik aufrief, wurde erst am 26. Februar auf die Straße verteilt (zu diesem Zeitpunkt waren bereits Hunderttausende unterwegs!). Die bolschewistische Führung in St. Petersburg war zweifellos schwach (das St. Petersburger Komitee wurde durch Verhaftungen so dezimiert, dass das Wyborg-Komitee seine Rolle einnehmen musste). Die Bolschewiki blieben jedoch nicht untätig. Wie wir gesehen haben, waren einzelne Bolschewiki mit den ArbeiterInnen auf der Straße und ergriffen oft die Initiative, und übernahmen wo dies erforderlich war die Rolle einer informellen Führung. Die Bolschewiki gingen nicht in den Taurischen Palast, um der Aufstellung der Provisorischen Regierung und des Sowjets beizuwohnen, weil sie dies alles als Terrain der Bourgeoisie ansahen und daher von der Wiedererrichtung des Petrograder Sowjets überrascht wurden.)
Orlando Figes macht sich über die Wiederbelebung des Sowjets lustig und weist präzise nach, dass seine ursprüngliche Exekutive aus Intellektuellen bestand, die die politischen Parteien vertraten (sogar den Bolschewiki wurden zwei Sitze darin zugesprochen). Was er nicht erzählt (weil es sein grundlegendes Argument, dass dies eine illegitime Macht war, untergraben würde), ist, dass dies nur der Anfang des Prozesses war. Sehr bald sollte jedes Regiment seine eigenen Delegierten wählen. Diese Delegierten waren nicht die redegewandten Intellektuellen, die die provisorische Exekutive bildeten, sondern Menschen, deren Stimme in der Geschichte selten gehört worden war. Suchanow zeichnet ein lebendiges Bild ihres „ungeschminkten“ Auftritts auf der Bühne der Geschichte.
„Wir hatten ein Treffen. Uns wurde gesagt, wir sollen sagen … die Offiziere wollten getarnt dem Sowjet der Arbeiterdeputierten beizutreten … Sie haben uns gesagt, wir sollen sagen, dass wir uns weigern, weiter gegen das Volk vorzugehen. Wir werden uns unseren Arbeitsbrüdern anschließen, alle vereint, um die Sache des Volkes zu verteidigen … Dafür würden wir unser Leben opfern … Unsere Generalversammlung hat uns aufgetragen, euch zu grüßen … Es lebe die Revolution! …
Dort wurde vorgeschlagen und mit Beifallsstürmen gebilligt, die revolutionäre Armee und das Proletariat der Hauptstadt zusammenzuführen und eine vereinigte Organisation zu schaffen, die fortan `Sowjet der Arbeiter- und Soldatendeputierten` genannt werden sollte …“(11)
Viele Fabriken hatten bereits gewählte Delegierte in den Sowjet entsannt. Gleichzeitig breitete sich die Rätebewegung, anders als 1905, schnell auf die Provinzen aus.(12) Innerhalb von zwei Wochen gab es 77 weitere Sowjets in Städten und Gemeinden in ganz Russland. Die Sowjets- oder ArbeiterInnenräte repräsentierten in erster Linie die „historisch entdeckte Form“ der proletarischen Umgestaltung der Gesellschaft. Wenn die proletarische Revolution nur „von der ungeheuren Mehrheit“ durchgeführt werden kann, muss sie eine ganz andere Organisationsform entwickeln als die bürgerliche Gesellschaft. In der bürgerlichen Gesellschaft ist der Parlamentarismus die Herrschaftsform der Klassengesellschaft. Er erweckt die Illusion, dass die Massen demokratisch die Herrschaft ausüben. Tatsächlich lebt sie aber von der Passivität der Bürger, die alle vier oder fünf Jahre ihre Abgeordneten wählen dürfen, die dann völlig frei mit ihrem sogenannten „demokratischen Mandat“ umgehen können wie sie wollen. Die Bürger können dagegen wenig tun, und faktisch stößt jeder Streik oder jede andere Form der direkten Aktion gegen politische Missstände früher oder später auf das Argument, dass letztendlich die demokratisch gewählten Vertreter die einzige legitime Autorität seien.
Ganz anders ist es mit den Räten. Die Soldatendelegierten sagten immer wieder „wir wurden angewiesen, es zu sagen“ oder „unsere Generalversammlung hat es gesagt“. Sie waren Delegierte. Sie hatten ein direktes Mandat. Sie wählten nicht, wie sie wollten, sondern stimmten ab wie es ihnen ihre ArbeiterInnen- oder Regimentsversammlung nahegelegt hatte. Andernfalls hätten sie jederzeit abgewählt und ersetzt werden können. Bürgerliche Ideologen erklären uns ständig, dass diese Art von direkter Demokratie unpraktikabel sei, aber die ganze Erfahrung von 1917 zeigt das Gegenteil. Diese Demokratie unterliegt keiner Bestechung von Einzelpersonen und wird nur von den WählerInnen kontrolliert – doch gerade das ist der Grund, warum die Bourgeoisie sie hasst und warum sie alles in Bewegung setzt, um sie zu verunglimpfen. Bisher gab es nichts effektiveres, um der Masse der Bevölkerung die direkte Teilnahme an der „Regierung“ zu ermöglichen, als eine Rätebewegung.
Doch was sagt uns das über die Frage von Klassenbewusstsein und politischer Organisation? Erstens, dass die ArbeiterInnenklasse nur in einer praktischen Bewegung wie einer Revolution (wenn auch in leicht veränderter Form) Organe hervorbringen wird, mit denen sie bereits in der Vergangenheit experimentiert hat. Zweitens, dass selbst die beste proletarische Partei von den Ereignissen abgehängt werden kann. Lenin hatte keine Probleme öffentlich zuzugeben, dass die ArbeiterInnenklasse als Ganzes damals unendlich revolutionärer war als jede politische Partei (einschließlich der Bolschewiki). Dies ist jedoch nicht das Ende der Geschichte. Die eigentliche Frage ist, wie eine proletarische Partei auf neue Situationen reagieren soll.
Nach allem was wir wissen haben sich die ArbeiteraktivistInnen der bolschewistischen Partei in den Wirren der Februarrevolution gut geschlagen, Weniger beeindruckend war das Verhalten der sogenannten Führer der Bolschewiki. Auch wenn Schljapnikow und Co. Ende Februar eine eher schwankende Haltung einnahmen, hielten sie zumindest an der revolutionären defätistischen Politik fest, die die Bolschewiki während des gesamten Krieges auszeichnete. Doch als sie von den frisch aus dem sibirischen Exil entlassenen „alten“ Bolschewiki wie Stalin, Muranow und Kamenew abgelöst wurden, gab die Partei ein weniger rühmliches Bild ab.
Das neue Trio übernahm das Parteiorgan Prawda in dem von nun an über die Notwendigkeit fabuliert wurde, die Provisorische Regierung zu unterstützen. Kamenew argumentierte sogar, dass der Krieg solange weitergehen müsse, bis die Deutschen aus Russland vertrieben seien. Lenins Verärgerung und Wut darüber ist bekannt. Weniger bekannt ist die ratlose Reaktion der Basis, die während des gesamten Krieges die revolutionäre defätistische Position verteidigt hatte. Während Lenins Aprilthesen für einige der bolschewistischen Führung wie eine Bombe einschlugen, wurden sie in den Fabriken als Ausdruck bolschewistischer Entschlossenheit begrüßt. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass diese Phase der Verwirrung in der Parteiführung zu kurz war, um ernsthafte Folgen zu haben, aber sie zeigt auch, dass die bolschewistische Partei nicht die streng disziplinierte Organisation war, als die stalinistische Legende sie darstellt.
Was wir hier zu zeigen versucht haben, ist, dass ihre Stärken darin bestanden, dass sie eine klare revolutionäre politische Ausrichtung hatte und dass sie vor der Revolution eine Rolle im Leben der ArbeiterInnenklasse gespielt hatte. Dies sollten entscheidende Faktoren für die Entwicklung einer revolutionären Partei im Jahr 1917 sein. Dies wird ein weiterer Schwerpunkt in unserer Artikelreihe sein. Die ArbeiterInnenklasse ist in der Lage ihre eigenen Klassenorgane hervorzubringen, die eine wirkliche Gesellschaftsveränderung durchführen können. Doch solange diese Organe von Kräften dominiert werden, die auf die Zusammenarbeit und Kompromiss mit der herrschenden Klasse setzen, ist ihr scheitern vorprogrammiert.
Sowjets mit KommunistInnen?
Ab Anfang Mai wurde die Unterscheidung zwischen den Bolschewiki und den anderen politischen Parteien schärfer. Dies war entscheidend für die zukünftige Entwicklung der Revolution. Es ist eine Sache für die ArbeiterInnenklasse, ein Regime zu stürzen und ihre eigenen Klassenorgane zu entwickeln, eine andere, diese zu Organen der revolutionären Umgestaltung zu machen.
Wie wir im letzten Teil dieses Textes gesehen haben, wurden die Räte in der deutschen Revolution immer von den Sozialdemokraten dominiert, die sie einfach dazu brachten, für die bürgerliche Option eines parlamentarischen Regimes zu stimmen. In Russland verlief die Geschichte größtenteils anders, weil die ArbeiterInnenklasse sich auf den nächsten und entscheidenden Schritt vorbereitete. Die Weigerung der Bolschewiki, den Kompromiss der Doppelherrschaft zu akzeptieren, ihre Weigerung zu akzeptieren, dass die Revolution mit der Errichtung eines parlamentarischen Regimes vorbei sei, hatte zur Folge, dass sie eine Alternative für die ArbeiterInnenklasse aufzeigen konnten. Als sich die soziale Lage veränderte, als die Hoffnungen auf einen „demokratischen Frieden“ schwanden, waren die Bolschewiki die einzige Partei, die ständig die Forderung „Alle Macht den Sowjets“ erhob.
1917 erreichte der Klassenkampf im Februar bei weitem noch keinen Höhepunkt – er hatte gerade erst begonnen. Nachdem der Zar aus dem Weg geräumt war, stand die bürgerliche Provisorische Regierung den ArbeiterInnen- und Soldatensowjets gegenüber. Die einzige Partei, die nicht dadurch kompromittiert wurde, dass sie sowohl in der Provisorischen Regierung als auch in den Sowjets vertreten war, waren die Bolschewiki. Die Sowjets unter der Führung der Menschewiki und der SR machten eine Spagat. Beide Parteien brachten den Sowjet dazu, die Provisorische Regierung zu unterstützen. In der Praxis unterstützten die ArbeiterInnen und Soldaten jedoch Erlasse des Sowjets, die die bürgerliche Herrschaft untergruben (wie z. B. die Befehle zur Militärdisziplin, wo es Offizieren nicht mehr erlaubt war, Soldaten mit „ty“, einer respektlosen Form von „du“ anzusprechen, oder dass Offiziere gewählten Soldatenausschüssen zuhören mussten.) Die Doppelmacht war stets ein unbequemer Kompromiss. Die wirkliche Macht lag immer bei den Sowjets, aber die Sowjets nutzten sie nicht. Als jedoch klar war, dass der Außenminister der Kadetten (und starke Mann des bürgerlichen Regimes) Miljukow der Politik des Zaren folgen wollte, forderte der Sowjet seinen Rücktritt. Darauf folgte die katastrophale Juni-Offensive, die einmal mehr bestätigte, dass ein erfolgreicher Kriegsausgang ein fernes Trugbild war. Dies war der Wendepunkt der Revolution von 1917. Die fortgesetzte prinzipielle Opposition der Bolschewiki gegen den Krieg sollte nun zum wesentlichen Bestandteil ihres im Laufe des Krieges und der Krise von 1917 entwickelten Programms und zur einzigen Alternative für die russische ArbeiterInnenklasse werden. Der Beziehung zwischen Partei und Klasse in der späteren Hälfte des Jahres 1917 werden wir uns im nächsten Teil der Artikelserie zuwenden.
Zum Weiterlesen:
Am Vorabend der Revolution: Die Debatte zwiwschen Lenin und Rosa Luxemburg: leftcom.org
Die Ära der Sozialdemokratie und der Kampf gegen den Revisionismus: leftcom.org
Marx, Engels und die Frage der proletarischen Organisation: leftcom.org
Die Entwicklung proletarischen Klassenbewusstseins: leftcom.org
Idealismus und bürgerlicher Materialismus: leftcom.org
Anmerkungen:
(1) Hardings “Lenin’s Political Thought” wurde in Revolutionary Perspectives Nr. 23 rezensiert. Sein späteres Werk „Leninism“ wurde in RP4 besprochen. Service schrieb „Lenin: A Political Life“ [3 Bände, 1985-95] und dann „Lenin: A Biography“ im Jahr 2000. Ersteres sympathisiert kaum mit Lenin, aber letzteres führt uns in sein Thema ein, indem es die Übel des Stalinismus auflistet, aber nicht einmal Stalin erwähnt und behauptet, die ganze Geschichte der UdSSR sei Lenins Erbe!
(2) Leo Trotzki: Die Geschichte der Russischen Revolution, Frankfurt a.M. 1973, S. 155.
(3) Ebenda S. 136.
(4) Ebenda S.8.
(3) Sie dazu den zweiten Teil unserer Artikelserie
(4) Siehe S. A. Smith Red Petrograd (Cambridge 1990).
(5) Zitiert nach E.N.Burdzhalov Russia’s Second Revolution, Indiana University Press, [1987] S.15.
(6) Leo Trotz: Die Geschichte der Russischen Revolution, Seite 136.
(7) A Peoples´ Tragedy (Pimlico 1997) S. 308.
(8) W.I. Lenin: Lehren aus dem Moskauer Aufstand in Ausgewählte Werke Bd. II, Berlin 1988, S. 231
(9) E.N. Burdzhalov Russia’s Second Revolution, Indiana University Press, [1987] S. 131.
(10) Siehe: Black Night, White Snow, Harrison Salisbury, Cassell, [1977] S. 343.
(11) N.N. Suchanow (Himmer) The Russian Revolution 1917: A Personal Record, Princeton, [1984] Die folgende Beschreibung und das folgende Zitat auf S. 61.
(12) Bevor irgendjemand einwendet, dass der erste wirkliche Sowjet 1905 in der Textilstadt Ivanovo-Vossnessensk entstand. Wir meinen hier, dass die Sowjetbewegung 1905 auf 4 oder 5 Orte beschränkt war. 1917 begann sie sich von Anfang an auszubreiten.
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Grundlagen
- Bourgeois revolution
- Competition and monopoly
- Core and peripheral countries
- Crisis
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Geschichte
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- 1900s
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- 1912: Intransigent Revolutionary Fraction of the PSI
- 1912: Republic of China
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- 1914-18: World War I
- 1917: Russian Revolution
- 1918: Abstentionist Communist Fraction of the PSI
- 1918: German Revolution
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- 1919: Hungarian Revolution
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- 1940s
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- 1980s
- 1979-89: Soviet war in Afghanistan
- 1980-88: Iran-Iraq War
- 1982: First Lebanon War
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- 1991: Dissolution of Soviet Union
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