Die Internationalistische Kommunistische Tendenz

Das Internationale Büro für die revolutionäre Partei (IBRP), die heutige Internationalistische Kommunistische Tendenz, entstand 1983 durch eine gemeinsame Initiative der Partito Comunista Internazionalista (PCInt) in Italien und der Communist Workers Organisation (CWO) in Großbritannien. Es gab zwei Hauptgründe für diese Initiative. Die erste bestand darin, einer bereits existierenden Tendenz innerhalb des proletarischen politischen Lagers eine organisatorische Form zu geben. Diese Tendenz bildete sich auf den internationalen Konferenzen hervor, die von Battaglia Comunista (PCInt) zwischen 1977 und 1981 einberufen wurden.

Die Kriterien für die Teilnahme an der letzten Konferenz waren die sieben Punkte, für die CWO und PCInt auf der Dritten Konferenz gestimmt hatten. Dies waren:

• Akzeptieren des proletarischen Charakters der Oktoberrevolution.

• Anerkennung des auf dem Ersten und Zweiten Kongress der Kommunistischen Internationale vorgenommen Bruchs mit der Sozialdemokratie.

• Ablehnung des Staatskapitalismus und der Selbstverwaltung ohne Abstriche.

• Anerkennung der sog. „sozialistischen“ und „kommunistischen“ Parteien als bürgerliche Parteien.

• Ablehnung jeder politischen Linie, die das Proletariat der nationalen Bourgeoisie unterwirft.

• Eine Orientierung auf die Organisation der Revolutionären auf der Grundlage der marxistischen Methode.

• Anerkennung der internationalen Treffen als eines Aspekts des Diskussionsprozesses zwischen revolutionären Gruppen zum Zwecke der Koordinierung ihrer aktiven politischen Interventionen in den Kämpfen der Klasse, mit dem Ziel, sich aktiv am Prozess beizutragen, der zur Internationale Partei des Proletariats, dem unverzichtbaren politischen Organ für die politische Führung der revolutionären Klassenbewegung und für die proletarischen Macht selbst, führen wird.

Der zweite Grund und Zweck für die Bildung des Büros war, als Bezugspunkt für Organisationen und Einzelpersonen zu fungieren, die neu auf die internationale Bühne in dem Augenblick auftauchen würden, da die sich vertiefende Krise des Kapitalismus eine politische Antwort erfordern würde. Die Jahrzehnte seit der Gründung unserer Tendenz waren keine Periode der massiven Wiederbelebung des Klassenkampfs. Im Gegenteil, die Reaktion der Arbeiter auf die zunehmenden Angriffe des Kapitals hatten im Wesentlichen sektoriellen Charakter und endeten schließlich in Niederlagen, wenngleich sie zuweilen sehr kämpferisch waren (wie der britische Bergarbeiterstreik von 1984/85 oder der Kampf der spanischen Werftarbeiter von 1984). Dem internationalen Kapital wurde somit eine Atempause gewährt, die es dazu nutzte, jene Umstrukturierungen durchzuführen, die den Arbeitern den Verlust von Millionen von Arbeitsplätzen, ständig zunehmenderen Sparmaßnahmen sowie Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und der Bedingungen des Verkaufs ihrer Arbeitskraft bescherten. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich in den achtziger Jahren relativ wenige neue Genossen für eine proletarische Perspektive entschieden. Viele, die später auftauchten, verschwanden, als die politische Isolation sie überwältigte. Trotz dieser ungünstigen objektiven Situation und unserer eigenen bescheidenen Kräfte konnte sich das Büro organisatorisch konsolidieren. Neben der Verantwortung für die weltweite Korrespondenz und, wann immer möglich, der Organisation von persönlichen Treffen und Diskussionen mit den politischen Elementen, mit denen wir in Kontakt kamen, gab das IBRP in den letzten Jahren mehrere mehrsprachige internationale Erklärungen zu wichtigen politischen Fragen heraus, die in verschiedenen Ländern verbreitet wurden.

"Die internationale Revolution setzt die Existenz einer internationalen Partei voraus. Diese ist der konkrete politischen Ausdruck des klassenbewusstesten Teils der Arbeiterklasse, der sich organisiert, um das revolutionäre Programm unter der übrigen Arbeiterklasse zu verbreiten. Die Geschichte hat gezeigt, dass Versuche, die Partei während der Revolution selbst aufzubauen, zu spät kommen und der Situation nicht gerecht wurden. "

Vor diesem Hintergrund arbeitete das IBRP auf das Ziel der Schaffung einer kommunistischen Weltpartei, sobald das politische Programm und die internationalen Kräfte dafür existieren. Allerdings beanspruchte das IBRP niemals „die Partei“ oder der einzige bereits vorhandener Kern einer solchen Partei zu sein. Die künftige Partei wird nicht einfach das Ergebnis des Wachstums einer einzigen Organisation sein. Bevor die Weltpartei gebildet werden kann, müssen die genauen Einzelheiten des revolutionären Programms in all seinen damit zusammenhängenden Aspekten durch Diskussion und Debatten unter den sie bildenden Teilen geklärt worden sein.Die Organisationen, die schließlich in einer Weltpartei zusammenkommen, müssen bereits eine Verankerung innerhalb der Arbeiterklasse in dem Land bzw. Territorium haben, aus dem sie stammen. Die Proklamation der Internationale (oder ihres ursprünglichen Kerns) auf der Grundlage von wenig mehr als der Existenz propagandistischer Gruppen wäre kein Schritt nach vorn für die revolutionäre Bewegung. Seit seiner Gründung hob das Büro immer wieder hervor, dass eine revolutionäre Organisation sich stets darum bemühen muss, mehr zu werden als ein pures Propagandanetzwerk. Trotz der begrenzten Möglichkeiten ist es heute Aufgabe der proletarischen Organisationen, sich als revolutionäre Kraft innerhalb der Arbeiterklasse zu verwurzeln, um imstande zu sein, die Richtung aufzuzeigen, die der Klassenkampf heute nehmen muss, um die revolutionären Kämpfe von morgen zu führen und zu organisieren. Die Lehre der letzten revolutionären Welle (1917-23) besteht weder darin, dass die Arbeiterklasse auf eine organisierte Führung verzichten kann (diese „Lehre" aus der Degeneration der Russischen Revolution haben die „Rätekommunisten" gezogen) noch darin, dass die Partei die Klasse selbst ist (gemäß einer metaphysischen Abstraktion der heutigen Bordigisten), sondern vielmehr darin, dass die organisierte Führung in der Form der Partei die mächtigste Waffe ist, mit der sich die Arbeiterklasse ausstatten kann. Ihre Aufgabe wird es sein, in den Massenorganen, die vor der Revolution entstehen (Sowjets oder Räte) für eine sozialistische Perspektive zu kämpfen. Da die Partei auf jeden Fall eine Minderheit in der Arbeiterklasse bleiben wird, kann sie nicht stellvertretend für die Klasse handeln. Das Ziel, der Aufbau des Sozialismus, kann nur von der Arbeiterklasse als Ganzes ins Werk gesetzt werden. Diese Aufgabe kann nicht delegiert werden, auch nicht an den bewusstesten Teil des Proletariats.

Auf dem sechsten Kongress (Mailand, 1997) beschloss die Partito Comunista Internazionalista, neben anderen Dokumenten und den Thesen des Kongresses die IBRP-Plattform als ihr allgemeines programmatisches Dokument (politische Plattform) anzunehmen. Dasselbe tat die CWO.

Das IBRP wird zur Internationalistischen Kommunistischen Tendenz

Als das Büro 1983-4 gegründet wurde setzten wir uns einige klare Richtlinien, die bis zum heutigen Tag Gültigkeit haben:

• Wir sind nicht die Partei und schon gar nicht die Vorwegnahme der Partei, sondern eine Organisation, der jene angehören die sich am Kampf für eine zukünftige internationale zentralisierte Partei beteiligen, und gemeinsam für dieses Ziel kämpfen, diskutieren und arbeiten wollen. Wir gingen davon aus das größere Bewegungen der Arbeiterklasse neue Klassenorganisationen ins Leben rufen würden, die neue Fragestellungen und Themen aufgreifen aber auch unweigerlich vor vielen Konfusionen und Herausforderungen stehen würden. Wir sahen es als unsere Hauptaufgabe die Erfahrungen vergangener Arbeiterkämpfe und deren Aufarbeitung durch die internationalistische Kommunistische Linke jeder neuen Generation von Arbeitern zu vermitteln die bereit wäre den Klassenkampf aufzunehmen.

• Wir wollten niemals Briefkastenfirmen oder bloße Vertriebsstellen schaffen, die lediglich die Orthodoxien der dominantesten und erfahrensten Organisationen nachplappern würden. Wir gingen davon aus dass sich unsere organisatorischen Kerne in den jeweiligen Ländern nur zu wirklichen kommunistischen Organisationen entwickeln könnten, wenn sie in der Lage wären ihre eigene Erfahrungen zu machen und dadurch die Praxis einer zukünftigen Partei zur bereichern.

• Wir hatten immer eine Orientierung auf die Arbeiterklasse als Ganzes und nicht auf bestehende politische Gruppen unabhängig davon wie nahe sie uns auch stehen mögen. Auch wenn wir von Zeit zu Zeit Polemiken mit anderen Gruppen führten, war es nie unser Ziel Gruppen von Intellektuellen und Gebildeten zu vereinigen. Vielmehr ging es uns darum, wirkliche Organisationen aufzubauen, die versuchen Wege zu finden in Arbeiterkämpfe zu intervenieren, um die Erfahrungen und das Bewusstsein dieser Kämpfe zu verallgemeinern. Deswegen propagieren wir auch weiterhin die Notwendigkeit von Strukturen der Partei, die sich in der Klasse organisieren wie z.B. Fabrik- oder Betriebsgruppen und von territorialen Gruppen in denen sich Arbeiteraktivisten aus demselben Stadtteil oder derselben Region organisieren.

Wir sind in den ganzen Jahren unserer Existenz nicht von diesen grundlegenden Prämissen abgewichen und die Gruppen in Frankreich, Kanada, den USA und Deutschland, die sich dem Büro anschlossen, arbeiten in diesem Bezugsrahmen. Wir forderten von Gruppen, die sich dem Büro anschließen wollten, eine ausgearbeitetes politisches Grundsatzdokument, eine regelmäßige Publikation und gleichermaßen eine kontinuierliche Praxis mit einer klaren Orientierung auf die Arbeiterklasse ein. In dem Text „25 Jahre IBRP - Ergebnisse und Perspektiven“ haben wir die Gründe dafür analysiert warum wir nicht erfolgreicher waren. Der erste und wichtigste Grund dafür war der Umstand, dass revolutionäre Minderheiten zu jeder Zeit auch den konkreten Stand des Bewusstseins der Arbeiterklasse reflektieren. Wir stehen nicht außerhalb der Arbeiterklasse oder der wirklichen Bewegung der Geschichte. Zu Zeit als sich das Büro gründete waren die großen Kämpfe der Klasse (die polnischen Streiks, der spanische Hafenarbeiterstreik und der britische Bergarbeiterstreik) in ihrem jeweiligen Land isoliert, niedergeschlagen oder auf dem Wege der Niederlage. Diese Niederlagen eröffneten den Weg für die kapitalistische Restrukturierung und warf den Widerstand der Arbeiter um fast eine Generation zurück. Es gibt Dinge, die sich unserem Einfluss entziehen und wie unsere frühen Genossen der „Comitati di Intesa“ (der linkskommunistischen Opposition in der italienischen KP) bereits 1926 feststellten: „Es ist falsch zu denken, dass der Einfluss der Partei in jeder Situation durch Notbehelfe und taktische Manöver ausgeweitet werden kann, da das Verhältnis der Partei zu den Massen zu einem großen Teil durch die objektive Situation bestimmt ist.“ Was wir dennoch tun können ist auf der Grundlage unserer Analysen zu handeln und die Funktionsweise unserer Organisation zu verbessern. Dies war die Hauptaufgabe des Treffens des Büros im September 2009 in Mailand an dem Delegierte aller angeschlossenen Organisationen teilnahmen. „Wir gehen davon aus, dass die Krise nicht nur weitergehen, sondern sich (in der einen oder anderen Weise) noch verschärfen wird. Wir gehen davon aus, dass die Arbeiterklasse für die Politik der „wirtschaftlichen Erholung“ die Zeche zahlen wird. Wir gehen davon aus, dass das gegenwärtige Hinnehmen der Kürzungspläne umschlagen, und es zu wachsender Wut und Widerstand kommen wird. Wir gehen davon aus, dass die inner-imperialistischen Rivalitäten zunehmen werden und viele zu unschuldigen Opfern des intensivierten Krieges werden. Unter diesen Umständen müssen Revolutionäre so gut vorbereitet und organisiert sein wie möglich“ Deshalb hatte das Büro bereits im Mai 2008 auf einer Sitzung in Parma beschlossen, weitere Schritte zur Zentralisierung unserer Aktivität zu unternehmen. Dies stellte keinen Bruch mit unseren vorherigen Positionen dar. Unsere Gründungsdokumente sahen schon immer einen Zeitpunkt voraus, an dem die Expansion des Büros eine stärkere Zentralisierung der Aktivitäten erfordern würde. Auf der Sitzung in Parma unternahmen wir erste Schritte in diese Richtung wie das folgende Zitat aus dem Sitzungsdokument von 2008 unterstreicht: „Das Büro musste immer mit dem Problem umgehen, dass wir einerseits am Formierungsprozess einer politisch zentralisierten Weltpartei der Arbeiterklasse teilnehmen, aber diesen Prozess (um unsere eigene Existenz willen) nicht frühzeitig abschließen wollten. Wir haben deshalb bis heute gezögert Zentralorgane zu schaffen und stattdessen auf Diskussionen und gegenseitiges Vertrauen gesetzt. Gleichwohl ist unsere Arbeitsweise ein wenig schwerfällig, wenn wir mit Ereignissen konfrontiert sind, die unmittelbar Stellungnahmen erfordern oder mit Anfragen von Gruppen und Einzelpersonen in der ganzen Welt umgehen müssen. In diesem Sinne kamen wir überein etwas ins Leben zu rufen, was wir in früheren Dokumenten „als eine Art Sekretariat“ bezeichnet haben.“ Deswegen wurde auf der Sitzung in Parma beschlossen ein Verbindungskomitee zwischen den verschiedenen angeschlossenen Organisationen ins Leben zu rufen. Es hatte die Aufgabe die Korrespondenz und Diskussion mit anderen Gruppen zu führen, Reisen und Delegationen zu organisieren, die Herausgabe internationalen Statements zu koordinieren und nicht zuletzt die internationalen Konferenzen vorzubereiten und zu organisieren. Das Verbindungskomitee funktionierte gut, war aber nicht für die gesamte Organisation repräsentativ. Ebenso war das Verhältnis zu assoziierten Einzelgenossen unklar. Die Sitzung des IBRP in Mailand begann mit der Diskussion über die Arbeit des Verbindungskomitees und endete mit der Feststellung, dass eine grundlegende Änderung des Büros notwendig ist, um den Herausforderungen der kommenden Periode gewachsen zu sein. Daher wurden folgende Beschlüsse gefasst:

• Die in unseren Gründungsdokumenten definierten grundlegenden Bezugsrahmen und Herangehensweisen bleiben unverändert. Wir müssen dennoch zur Kenntnis nehmen, dass das Büro über seine ursprüngliche Mitgliedschaft hinausgewachsen ist. Angesichts dieser Expansion müssen wir, wie in unseren Gründungsdokumenten vorgesehen, zu einer zentralisierteren Aktivität des Büros übergehen. In Anbetracht dessen haben wir beschlossen, dass das Büro das zentrale Koordinierungsgremium unserer internationalen Organisation wird. Es wird nicht nur das Verbindungsglied der angeschlossenen Sektionen, sondern auch von Einzelgenossen in verschiedenen Ländern sein. Es wird für die Durchführung aller Dinge zuständig sein, die für das Funktionieren der gesamten Organisation notwendig sind (Beziehungen mit anderen Gruppen, Korrespondenz, internationale Erklärungen usw.)

• Das IB setzte sich aus Delegierten der jeweiligen Länder zusammen, in denen wir Sektionen haben. • Um unserer Existenz als vereinigter internationaler Organisation einen klareren Ausdruck zu geben, haben wir beschlossen den Namen der Organisation in Internationalistische Kommunistische Tendenz zu ändern. Dies drückt keine Veränderung in den Beziehungen zwischen unseren Gruppen aus, noch bedeutetes, dass die jeweiligen Gruppen ihre Verantwortung aufgeben, ihr Präsenz in der Arbeiterklasse zu verstärken. Alle Gruppen werden ihre den jeweiligen Bedingungen entsprechenden Arbeitsmethoden und ihren jeweiligen Namen beibehalten. So ist z.B. die CWO immer noch die CWO aber die „britische Sektion der Internationalistischen Kommunistischen Tendenz“. Einzelgenossen sind direkt Mitglieder IKT und im Verantwortungsbereich des Internationalen Büros.

• Wir kamen überein, dass die für die Website verantwortlichen Genossen Wege finden müssen, um die Mehrsprachigkeit zu erhöhen und sie im internationalen Maßstab effektiver zu machen.

Sunday, April 26, 2020